End­sta­tion Sehn­su­cht

Data di pubblicazione
23-08-2018
Revision
23-08-2018

Als Architekturkritikerin bin ich nimmer müde, meinem Laienumfeld die Vorzüge der zeitgenössischen Baukunst näher zu bringen. Industrielle Poesie, kühne Tragwerke, schwungvolle Kurven, fliessende Räume, Transparenz und Harmonie … Welch ungeahnte gestalterische Freiheit eröffnet uns doch die Moderne! Welche Träume könnten wir uns nicht erfüllen!
Allerdings stosse ich oft auf Skepsis, besonders bei betagten Menschen. Damit meine ich nicht fitte, finanziell gut gepolsterte Seniorinnen und Senioren mit Sportwagen und Kunst­sammlung, sondern, na ja, gewöhnliche alte Leute. Die reagierten meist nur mit müdem Schulterzucken auf meine ästhetischen Missionierungsversuche. Sie haben schon zu viel erlebt, um noch Träumen nachzuhängen. Vor allem aber haben sie zu viele von jenen Bauten gesehen, die unsere Generation für sie erstellt.
Und wenn ich ganz ehrlich bin … Irgendwann kommt der Tag, an dem es nicht mehr genügt, davon zu träumen, was die moderne Architektur alles könnte. Irgendwann müssen die Träume realisiert sein. Sonst endet man in einer Sitzecke neben dem Lüftungsschacht, wie ich sie kürzlich in einer sonst ganz ordentlichen Altersresidenz probieren durfte. Dort kann man wirklich nur noch einer Holzveranda aus der guten alten Zeit nachtrauern.

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