Stahl­bau trotzt Brand

Seit Januar gilt die neue Brandschutzverordnung (BSV 2015). Das Stahlbau Zentrum Schweiz zeigt mögliche Strategien im Umgang mit dem Brandfall.

Date de publication
12-03-2015
Revision
06-10-2015
Mario Fontana
F-Ingenieur GmbH, Schaffhausen; ETH Zürich, Institut für Baustatik und Konstruktion

Mit der Revision der Brandschutzvorschriften der Vereinigung Kantonaler Feuerversicherungen (VKF) werden die Brandschutzauflagen in Bezug auf den Sachwertschutz minimiert. Die damit einhergehende Liberalisierung der Vorschriften widerspiegelt den Rückgang der Brandauswirkungen: In den vergangenen 15 Jahren gingen die Todesfälle infolge Brand um 38% und die Schadenssummen um mehr als 20% zurück.

Die neuen Brandschutzrichtlinien beeinflussen unter anderem die Stahlbauweise. Diverse Erleichterungen wirken sich positiv auf die Wirtschaftlichkeit von Stahlbauten aus, verlangen aber auch mehr Eigenverantwortung von den Planern.

Neue objektbezogene Brandschutzkonzepte

Die neuen Brandschutzverordnungen bieten insbesondere zwei Vorgehensweisen zur Erfüllung der Vorschriften an: Ungefähr 90% der Gebäude können durch ­normative Standardkonzepte bearbeitet werden. Andererseits sind schutzzielorientierte Konzepte möglich, bei denen die übergeordneten Schutzziele gleichwertig erreicht und nachgewiesen werden müssen. Gerade hier lässt die BSV 2015 neue Verfahren zu, die insbesondere bei Einkaufszentren, grossen Industrie- und Gewerbebauten sowie Spitälern zur Geltung kommen. Sie werden von zwei neuen Brandschutzricht­linien «Qualitäts­sicherung im Brandschutz» und «Nachweisverfahren im Brandschutz» geregelt.

Mit dem objektbezogenen Konzept kann das effektive Gefährdungspotenzial besser erfasst werden. Anhand der «ISO-Normbrandmodelle» oder dem «Naturbrandmodell» kann ein akzeptables Versagensrisiko für die gesamte Branddauer erreicht werden. Dies ist insbesondere für grosse Räume mit geringer Brandlast wie Aulen, Atrien oder grosse Versammlungsräume interessant. Die Brandlast wird mittels mathematischer Modelle (Zonen- oder Feldmodell) errechnet und die Phänomene wie Verbrennungsprozesse, Brandausbreitung, Wärmetransport, Rauchgasmenge und Rauchausbreitung berücksichtigt. Auf Grundlage dieser Modelle lassen sich lokale und globale Temperaturwerte er­mitteln, das Verhalten von Bauteilen und Baustoffen analysieren, die Rauchausbreitung beschreiben und nicht zuletzt die Gefährdung von Personen einschätzen. Eine weitere Optimierung des Konzepts ist möglich, indem die Membrantragwirkung von Stahlbetonverbund­decken aktiviert wird. Dank dieser Tragwirkung (Fliessgelenk­linienmethode) kann ein grosser Teil der Sekundär­träger ungeschützt belassen werden, was bis zu 40% der Brandschutzkosten einspart.

Strategien im sichtbaren Stahlbau

Ein grosses Bedürfnis der Architekten ist und bleibt die Möglichkeit, den Stahl in seiner ursprünglichen Erscheinung zu zeigen. Dieser Wunsch kann bei günstigen Randbedingungen erfüllt werden.

Befreit von Brandschutzanforderungen sind nach wie vor Einfamilienhäuser, eingeschossige Hallen sowie die jeweils obersten Stockwerke. Bei mehrgeschossigen Bauten gibt es verschiedene Strategien, die von Löschkonzepten, Verbundbauweisen, duktilen und redundanten Tragsystemen bis hin zu dämmschichtbildenden Anstrichen (1K/2K) reichen. 

Bei dicken Profilwandstärken und Bauteilen mit geringer Beanspruchung wird die Feuerwiderstandsdauer erhöht. Die Bemessung kann mit dem vereinfachten Verfahren der Euro-Nomogramme erfolgen. Wirtschaftlich ist dieses Verfahren für Elemente bis R30. Neu ist die Anrechnung von Löschkonzepten erlaubt: Die Brandschutzanforderung an das Tragwerk kann um 30 Minuten reduziert werden, wenn ein Löschkonzept in Form einer Sprinkleranlage vorhanden ist.


Damit lässt sich die Dicke dämmschichtbildender Schutz­anstriche reduzieren, was eine geringere Trocknungsdauer und kürzere Bauzeiten zur Folge hat. Neue Zwei-Komponenten-Anstriche werden bereits im Werk aufgetragen, sodass keine Beschichtungsarbeiten vor Ort anfallen. Bei geeigneten Konstruktionen kann das Gesamttragverhalten den Ausfall oder die Schwächung ­eines Bauteils im Brandfall kompensieren. Eine zeit­gemässe Auseinandersetzung mit dem Material Stahl anhand dieser Strategien lohnt sich. 

Magazine

Sur ce sujet