Vol­ler Ein­satz für die Alts­tadt von Bern

Alle zwei Jahre werden die «am besten renovierten Häuser in der Altstadt von Bern» mit dem Dr. Jost Hartmann-Preis prämiert. Der Preis stellt die Menschen in den Vordergrund, die sich für herausragende Renovationsarbeiten verdient gemacht haben, und zeichnet Handwerkerinnen und Architekten ebenso wie Eigentümerschaften und Unternehmungen aus. 

Date de publication
14-12-2022

2022 hat die Berner Denkmalpflegekommission als Jury den 18. Preis an drei Architekturbüros, einen Bauforscher sowie an drei Bauherrschaften verliehen. Bei der Preisverleihung am 18. November im Festsaal des Erlacherhofs würdigte Stadtpräsident Alec von Graffenried den Einsatz der Preisträger den sie «mit Hand, Herz und Verstand» für das Fortbestehen der Altstadt geleistet haben. Dabei hob er die Wichtigkeit des generationenübergreifenden Wissenstransfers hervor: Das Interesse an der Altstadt müsse immer wachgehalten werden.

Denkmalpfleger Jean-Daniel Gross betonte, dass die Altstadt auch ein Beispiel für nachhaltiges, verdichtetes Bauen darstellt: «Die Altstadt wurde mit lokalen natürlichen Materialien nur mit Muskelkraft erstellt und bietet seit Jahrhunderten hervorragende Lebens- und Wohnqualität.».

Die Preisträger


Gesellschaft zu Ober-Gerwern (Bauherrschaft)  für die vorbildliche Wiederherstellung des Erdgeschosslokals an der Bundesgasse 16.

Bei der um 45 Grad abgeschrägten Ecke des Hauses Nr. 16 findet sich der Eingang zum Ladengeschoss. Dieses erhielt in den 1970er-Jahren eine unpassende Schaufensteranlage und das Innere des Lokals wurde mit Sperrholz überformt. Im Zuge breit angelegter Untersuchungen wurde das historische Interieur aus der Bauzeit von 1865 beinahe vollumfänglich unter späteren Einbauten wiedergefunden. Die Ausstattung aus der Bauzeit von 1865 weist stilistische Bezüge zur Neorenaissance auf und wurde repariert und rekonstruiert. Die Gewerbefläche wurde so zum raren Zeugen für gehobene Laden­geschäfte, wie sie in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts im Zuge des gross angelegten Umbaus der Oberen Altstadt zur ‹Bundesstadt› entstanden sind.


Beat Stuber (Bauherrschaft) und Campanile & Michetti (Architekturbüro) für den Umbau und die Instandsetzung von Haus Münstergasse 32

Im Zuge seiner Immobilienstrategie verkaufte der Kanton Bern die Liegenschaft, die bis anhin die Kantonale Denkmalpflege beherbergte. Für die neue Eigentümerschaft stand fest, dass das Gebäude wieder Wohnungen beherbergen sollte. Nach einer restauratorischen Untersuchung wurde ent­schieden, die Grosswohnungen und damit die Grundrissty­pologie in der Form von 1820 zu erhalten. Im Vorderhaus wurde nur eine Küche eingerichtet und das grosse Badezimmer in einem der Hinterhäuser angeordnet. Der Lift fand im Bereich des ehemaligen Aborts der östlichen Liegenschaft Platz. Damit liessen sich die Eingriffe für die Wohnnutzung auf ein Minimum reduzieren. Mit grösster Sorgfalt wurden alle historischen Interieurs restauriert und wo nötig ergänzt.


Architekturbüro 3B für den beispielhaften Umgang mit der hochwertigen Substanz des Altstadthauses Kramgasse 59 / Münstergasse 54

Die Gebäude Kramgasse 59 / Münstergasse 54
sind über einen spätbarocken Laubentrakt verbunden. Hofgalerie, Treppenhaus und die Korridorbereiche der Wohnungen weisen grossformatige Bodenplatten aus Sandstein und gekalkte Wände auf. Die Zimmer verfügen über Vertäfelungen, einfache Stuckdecken und Berner-Parkettböden. Der Zustand der Liegenschaften mit ihren unzähligen Einbauten sowie eine neue Restaurantnutzung machten einen umfas­senden Umbau nötig. Im Zuge einer Bauuntersuchung kamen in beiden Gebäuden gotische Holzbalkendecken zum Vorschein. Beim Umbau stand die Klärung der Gebäudestruktur mit ihrem seit den 1930er-Jahren verbauten Innenhof im Vordergrund. Durch die Entfernung der Hofeinbauten ist der Laubentrakt wieder bis ins Erdgeschoss frei. In den Obergeschossen wurden die Interieurs des 18. Jahrhunderts restauriert und wiederher­­­gestellt. Die Sanitär- und Küchen­bereiche sind aufgrund der Platzverhältnisse auf Seite Kramgasse als Möbeleinbauten ausgebildet.


Burgergemeinde Bern (Bauherrschaft) und Co. Architekten für die Planung und fachgerechte Umsetzung der Sanierungs- und Umbauarbeiten an der Herrengasse 23

Das aus mehreren Liegenschaften zusammengewachsene Haus Herrengasse 23 stach bereits im 17. Jahrhundert als stattlicher Wohnbau aus der mittelalterlich geprägten Altstadt heraus. Seine heutige Form erhielt es um 1763, als es Architekt Erasmus Ritter zum dreigeschossigen Stadtpalais mit Mansarddach umgestaltete und das Gebäudeäussere vereinheitlichte. Das Palais ist das bedeutendste Wohnhaus an der Herrengasse, hinter dessen spätbarocker Fassade die reiche Innenausstattung erhalten blieb. Der Wunsch nach angemessenen Sanitärräumen, die ungenügende Erdbebensicherheit, die Frage der Wohnungsgrössen, eines Dachausbaus, eines Lifteinbaus sowie die in die Jahre gekommene Gebäudetechnik machten eine grosse Instandsetzung nötig. Die Wohnungsgrundrisse blieben dabei, bis auf die integrative Vergrösserung der Sanitärräume, unangetastet, auf den Lifteinbau wurde verzichtet. Im Dachgeschoss entstanden weitere Wohneinheiten, die Erdbebensicherheit ist durch eine zusätzliche Bodenplatte sichergestellt. In den drei Geschosswohnungen sind die kostbaren Oberflächen restauriert und die Tapeten in den Hauptsalons nach historischem Vorbild wiederhergestellt, ebenso wie die Terrassengärten.


Siegfried Möri, Bauforscher, für die präzise Dokumentation des Bestands, die eine wesentliche Grundlage für die Sanierung der historischen Liegenschaft Münzrain 3 bildete

An der historischen Wegverbindung vom Zytglogge ins Marzili liegt das Bondeligut. Ursprünglich ein Rebhaus, wurde das Gebäude bereits 1561 nicht mehr nur als Sommerhaus genutzt, sondern zum dauerhaften Wohnsitz umgebaut. Im Zuge von sieben nachweisbaren grösseren Umbauphasen verwandelte es sich zu einer Villa Suburbana. Bei der Gesamtsanierung 2019 fanden sich entsprechend gut erhaltene Zeugnisse aus allen Epochen bernischer Baukunst aus der Zeit nach 1600. Die aufwendig bemalten Decken und aussergewöhnlichen Wandvertäfelungen entstanden wohl unter der Bauherrschaft von Vinzent Hackbrett, der 1689 dem Haus auch das neue, heute immer noch integral erhaltene Dach aufsetzen liess. Die letzte grosse Erweiterung erfolgte um 1742, als das Haus mit einem Galerieanbau und einem weiteren Treppenhaus in Richtung Osten verlängert wurde. Zu Beginn der 1940er-Jahre gelangte das Gebäude in den Besitz der Stadt Bern. Seither wird es als Etagenwohnhaus genutzt. Die wertvolle Innenausstattung wie Parkettböden, Kachelöfen oder Wandvertäfelungen sind restauriert, wo nötig ergänzt und wieder in Wert gesetzt worden. Den Höhepunkt der Ausstattung stellt die blau gehaltene Decke im ehemaligen ‹Götterzimmer› dar, die gesichert und restauriert wurde.

Eine Publikation mit den ausgezeichneten Projekten sowie weitere Informationen zum Dr. Jost Hartmann-Preis finden Sie hier.
 

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