Neue Axens­trasse – ei­nige Ge­dan­ken

Date de publication
12-11-2021

61 Seiten umfasst die Einsprache der Umweltverbände von 2014 gegen das Projekt der neuen Axenstrasse, und wie es mit juristischen Texten nun mal ist, ist es nicht immer ein reines Vergnügen, sie zu lesen. Für Projektbefürworter könnte der Eindruck entstehen, dass hier ein Exempel statuiert werden soll. Ausgewiesene Projektgegner hingegen werden bei der Durchsicht oft mit dem Kopf nicken können. Und die dazwischen? Die müssen sich eigene Gedanken machen. Hier ein paar Beispiele:

Auf welcher Route fährt man besser?

Rotkreuz liegt am Scheideweg. Hier heisst es für motorisiert Reisende in Richtung Gotthard entscheiden, ob man über Schwyz und die Axenstrasse oder über Luzern und den Seelisbergtunnel fährt. Die Axenroute ist etwa 10 km kürzer, zeitlich schenken sich die Strecken zumindest für Pkw derzeit faktisch nichts. Diese Entscheidung steht allerdings nur für den Verkehr aus dem Grossraum Zürich an. Von Westen kommend fährt man auf der A2 mit dem ­Seelisberg günstiger, aus dem weniger besiedelten Linthgebiet eher mit der Axen­strasse. Allerdings ist hier die ­Strecke über den Bernardino als Ausweichroute zum Gotthard eine starke Alternative.

Wird aber nun der geplante Ausbau der Axenstrasse mit zwei neuen Tunneln bedeutenden Einfluss auf die Verkehrs­ströme haben, wie Projektgegner dies anführen?

Solange der Rophaientunnel zwischen Sisikon und Flüelen als Ersatzstrecke zum heutigen südlichen Teil der Axen­strasse nicht besteht, ist das Wort Kapazitätserweiterung kaum angebracht. Der Kreisverkehr bei Flüelen als Abschluss der Axenstrasse tut sein Übriges – eine «Autobahn», die in einem Kreisel endet – das mag als Dosierung funktionieren, für Reisende grenzt es eher an Idiotie. Selbst wenn sich die Fahrzeit durch die beiden Tunnel um einige Minuten verkürzen sollte, dürften die Auswirkungen auf den Nord-Süd-Verkehr eher von untergeordneter Bedeutung sein, erst recht wenn der Bypass Luzern die Strecke über Luzern und den Seelisbergtunnel verbessert. Seit 2020 läuft hier das Plangenehmigungsverfahren.

Was die Frage aufwirft: Für wen wird die Strasse überhaupt gebaut, wer fährt denn auf ihr?

Eine grobe Betrachtung der Verkehrsströme (Karte «Personen-/Güterverkehr Strasse» auf swisstopo) im ­Gebiet gibt Anhaltspunkte. Der durchschnittliche Tagesverkehr (DTV) im ­Seelisbergtunnel beträgt 19 675 (alle Fahrzeuge), davon entfallen 1823 auf Lastzüge. Auf der Axenstrasse wären dies 14 947 (alle), davon 547 Lastzüge. Südlich von Altdorf fahren 23 056 DTV auf der Autobahn A2, 2247 davon sind Lastzüge. Welche Folgerungen kann man aus diesen wenigen Zahlen ziehen? Drei Viertel des Schwerverkehrs auf der Gotthardroute benutzen heute den Seelisbergtunnel und nicht die Axenstrasse. Der Schwerverkehr ist praktisch komplett dem Transit zuzuordnen. Mindestens ein Drittel des übrigen Verkehrs (ohne Schwerverkehr) von beiden Routen verbleibt im Gebiet Altdorf und ist kein Transitverkehr. Zu diesem Drittel gehören also etwa Pendler, Handwerker, Ausflügler, der normale Tages­verkehr eines Gebiets. Dieses Verkehrsaufkommen ist einfach da, egal welche Strasse vorhanden ist. Die Axen­strasse ist also mitnichten eine reine Zubringerstrecke für den Alpentransit. Das regionale Verkehrsaufkommen hat einen recht hohen Anteil.

Besteht nun die Gefahr, dass die Tunnel nicht angenommen werden und der Verkehr weiterhin auf der alten Axenstrasse verbleibt, wenn diese nicht stark rückgebaut wird?

Dieses Argument der Projektgegner hat wohl seine Berechtigung. Obschon wahrscheinlich die meisten Reisenden – ob Anwohner oder Transit – an einer schnellen Verbindung interessiert sein dürften, verbleiben wohl viele, die einige Minuten längere Fahrzeit für eine schöne Strecke in Kauf nehmen. Tunnel gehören nicht gerade zu den angenehmen Fahrerlebnissen. Man denke etwa nur an die vielen Motorradfahrer an schönen Wochenenden. Betrachtet man andererseits eine ähnliche Strecke, etwa entlang des Walensees, sprechen die Zahlen eine andere Sprache: Zwischen Walenstadt und Murg verläuft die A3 zu grossen Teilen in Tunneln. Parallel dazu führt die Kantonsstrasse entlang des Sees. Der DTV (alle Fahrzeuge) auf der Nationalstrasse beträgt 30 195, auf der gut ausgebauten Kantonsstrasse hingegen nur 2120.

Ist eine Aufklassierung zu einer Nationalstrasse der Klasse 2 sinnvoll?

Vom juristischen Standpunkt abgesehen, wer für eine Aufklassierung zuständig ist oder war, bleibt die Frage bestehen: Wie sähe eine Tunnellösung ohne Aufklassierung aus? Wird eine Tunnellösung verfolgt, bleibt doch nur eine Aufwertung der Strasse übrig, oder sollen Velos und Fussgänger mitsamt dem motorisierten Verkehr in einer Röhre geführt werden?

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