Die Ener­gie­zu­kunft der Schweiz bes­ser pla­nen

Gebäudeenergiedatenbank

An der Swissbau stellte der SIA die Idee einer nationalen Gebäudeenergiedatenbank zur Debatte. Energie- und Gebäudetechnikplaner hätten damit eine wesentlich bessere Grundlage für ihre Analysen und Planungen.

Date de publication
11-02-2016
Revision
12-02-2016
Jürg Zulliger
Fachjournalist im Bereich Bau und Immobilien und Sozial­wissenschaftler

Wie viel Energie benötigt ein Quartier mit 50 Reihenhäusern aus den 1960er-Jahren? Wie gut schneidet eine ähnlich grosse Überbauung mit Minergie-Häusern hinsichtlich ihrer Energieeffizienz ab? Wer in der Schweiz fundiert wissen will, wie es um den Energieverbrauch und den CO2-Ausstoss bestellt ist, ist zurzeit noch auf Hochrechnungen angewiesen oder wertet die Daten von Einzelobjekten aus.

«Energieplaner müssen oft einen unverhältnismässig grossen Aufwand betreiben, wenn sie über einen kleinen Perimeter hinaus Daten benötigen», sagt Adrian Altenburger, Präsident des SIA-Fachrats Energie. Im Jahr 2014 hat dieses Gremium deshalb eine Studie in Auftrag gegeben, um die Machbarkeit einer harmonisierten Datenbank zum realen Energieverbrauch von Gebäuden zu prüfen.

Vorreiterrolle von Genf

Bei dem ambitiösen Projekt sind verschiedene Partner beteiligt, darunter das Bundesamt für Energie und die EPFL Lausanne. Wer letztlich das Projekt finanzieren und verantworten würde, ist noch offen. Geht es nach den Initianten, müssten die regional unterschiedlichen Ansätze überwunden werden. Während etwa Genf auf gesetzlicher Grundlage Verbrauchsdaten im Gebäudebereich erfasst, gibt es bislang in fast allen anderen Kantonen keine verlässlichen Angaben.

Damit fehlen Grundlagen, um das Verbesserungspotenzial einzuschätzen; es gibt weder Informationen für übergreifende Energieplanungen noch Anhaltspunkte dazu, wie wirksam Energiegesetze und Förderprogramme sind, von Benchmarks für einzelne Eigentümer und Bauherrschaften ganz zu schweigen. Dabei wären viele Daten greifbar, wenn sie nur richtig aufbereitet und verknüpft würden.

Zum einen ist das Gebäude- und Wohnungsregister des Bundes (GWR) anzuführen, das primär für Wohngebäude Objektdaten erfasst und jedes Gebäude geografisch zum Bezugspunkt macht. Zum anderen ist es eine Tatsache, dass vor allem die grossen, meist öffentlich-rechtlichen Energieversorger im Bereich Gas und Strom sehr zuverlässige, ja sogar geeichte Daten über den Einkauf von Energie greifbar haben.

Würde nun künftig jede Energie­lieferung bzw. Rechnung an den Gebäudeeigentümer mit einer Eidg. Gebäudeidentifikation des Gebäude- und Wohnungsregisters (EGID) verbunden, so käme die Schweiz einen sehr grossen Schritt weiter. Bei den nicht netzgebundenen Energieträgern wie Öl und Holz müssten die Lieferungen über zwei oder drei Jahre erfasst und in eine entsprechende nationale Datenbank eingespeist werden.

Planwerte versus Messdaten

Mit einer solchen schweizweit harmonisierten und GIS-gestützten Datenbank stünden für jedes Gebäude real gemessene Verbrauchsdaten zur Verfügung. Die Einführung eines Energiemonitorings ist nebenbei bemerkt ein Aspekt der Energiestrategie 2050. Wohl jeder Praktiker hat die Lektion gelernt, dass der tatsächliche Energieverbrauch je nach konkreten Umständen oft erheblich von den rein rechnerischen Zahlen und Planwerten abweicht, wie sie zum Beispiel für einen Energienachweis oder eine Zertifizierung angenommen werden. Die Datenbank gäbe zugleich Aufschluss darüber, wo sich zum Beispiel ein Wärmeverbund lohnt oder welche Standorte sich optimal zur dezentralen Stromspeicherung eignen.

Verschiedene Vorträge der beteiligten Partner und Wissenschaftler an der Swissbau in Basel stiessen auf Interesse und positive Resonanz. Exponenten der Energieversorger zeigten sich ebenso offen wie Vertreter von grossen Projektentwicklern und Generalunter­neh­mern, die zum Beispiel ganze Areale nach den Grundsätzen der 2000- ­Watt-Gesellschaft planen und auslegen. Peter Richner von der Eidgenössischen Materialprüfungs-  und Forschungsanstalt (Empa) würdigte die Idee an einem Workshop mit den Worten: «Wenn man anfängt zu messen, ist dies auch ein Anstoss, entsprechend zu handeln.»

Offen ist allerdings die Frage der Zugänglichkeit der Daten, die bis jetzt vor allem in der Obhut von Energielieferanten liegen. Einsichtig sind hingegen die Zweckmässigkeit und die Notwendigkeit; der Löwen­anteil des gesamten Energieverbrauchs fällt im Gebäudebereich an. Will die Schweiz ihre klimapoli­tischen Ziele erreichen und auch die Energiestrategie 2050 verwirklichen, muss der Energieverbrauch bei Gebäuden um rund 50 % sinken. Eine Reduktion des Energieverbrauchs würde eine willkommene finanzielle Entlastung bringen, zumal sich die Energiekosten im Gebäudebereich auf jährlich rund 16 Mrd. Franken summieren.

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