«Ein Ingenieur erklärt uns Architektur?»
Als letzte Station ihrer Tournee hat die Ausstellung «Umsicht – Regards – Sguardi» in Kopenhagen haltgemacht. In einer der Begleitveranstaltungen erläuterte der Bauingenieur Gabriele Guscetti, dass nur stark gelebte interdisziplinäre Zusammenarbeit im Team zu Spitzenprojekten führt.
Umsicht – Regards – Sguardi 2017 ist mit einem reichhaltigen Programm zu Gast in Kopenhagen. Eine enge Zusammenarbeit des SIA mit der Schweizerischen Botschaft und Velux brachte die Umsicht-Ausstellung mitten in die dänische Hauptstadt. Sie wurde im «DesignWerck» aufgebaut, dem Hub und Meeting Point für skandinavisches Designschaffen.
Damit war der perfekte Standort gefunden, denn Umsicht – Regards – Sguardi ist immer auch ein Austausch. Die prämierten Werke zeigen innovative und ganzheitliche Lösungsvorschläge auf für komplexe Ausgangslagen und aktuelle Herausforderungen, mit denen Schweizer Bauschaffende konfrontiert sind. In Dänemark steht die Branche vor ähnlichen Problemen: etwa die Einbettung von grossen Infrastrukturprojekten in die räumliche Identität – genannt sei hier zum Beispiel die Kehrichtverbrennungsanlage «Copenhill» am Rand der Hauptstadt, die optisch an ein Schiff erinnert und eine öffentlich zugängliche Skipiste auf dem Dach integriert hat. Oder aber die Verbindung von Forschung und Praxis und der Einfluss von Forschungsinstituten auf die Gesellschaft. Und natürlich der Umgang mit Gewässern, die das Stadtbild von Kopenhagen massgeblich prägen. Die Auslandstour von Umsicht bietet Gelegenheit zum Dialog über diese Themen.
Anlässlich der Vernissage am 5. Oktober 2018 stellte der «Urvater» des NEST und stellvertretende Direktor der Empa, Peter Richner, das prämierte Projekt persönlich vor. Gebannt lauschten die Dänen seinen Schilderungen dieses weltweit einzigartigen Experiments.
Interdisziplinär ist spitze
Nach der anschliessenden Diskussion über die Zusammenarbeit von Forschung, Hochschulen und Unternehmen, die im NEST der Empa in Dübendorf an Praxisbeispielen empirisch überprüft werden kann, erfreute man sich an den Schweizer Spezialitäten des von der Botschaft mitgebrachten Spitzenkochs.
Einen weiteren Höhepunkt bildete der zweite Anlass in der Royal Danish Academy of Fine Arts. Vor über 200 Studierenden präsentierten der dänische Architekt Bjarke Ingels und Simon Frommenwiler von HHF Architekten Basel im Rahmen des von der Schweizerischen Botschaft initiierten Projekts «Architecture in Residence» ihre aktuellen Arbeiten unter dem Thema «The importance of Architecture for the future of communities and housing» und tauschten sich anschliessend mit den Anwesenden in der Umsicht-Ausstellung im nahe gelegenen DesignWerck aus.
Hier stellte zunächst SIA-Vorstandsmitglied Gabriele Guscetti die Auszeichnung Umsicht – Regards – Sguardi 2017 vor. Die Anwesenden – mehrheitlich Architekturstudierende – folgten interessiert den Ausführungen des Bauingenieurs. Guscetti legte überzeugend dar, dass Spitzenprojekte nur durch stark gelebte interdisziplinäre Zusammenarbeit entstehen können. Es sei essenziell, dass nicht die Architektin oder der Architekt als Projektverfassende/-r im Vordergrund stehe, sondern das Werk als solches, an dessen Realisierung ein ganzes Team unterschiedlichster Spezialisten beteiligt ist.
Werk im Vordergrund
Nicht nur die prämierten Projekte selber seien innovativ, sondern meist auch der Prozess der Entstehung, der ihnen zugrunde liegt. Umsicht – Regards – Sguardi unterscheide sich von herkömmlichen Architekturpreisen; der Preis zeichnet innovative Werke aller Disziplinen aus, die an der Planung beteiligt sind. Die Zuhörer waren beeindruckt – einen solchen Preis gebe es in Dänemark nicht, war die Rückmeldung.
In der anschliessenden Diskussion kam noch ein weiterer Kulturunterschied zur Sprache: Das Wort «Baukultur» lässt sich nicht einfach ins Englische oder Dänische übersetzen, beziehungsweise die Übersetzungen können den Inhalt des Begriffs nicht vollumfänglich erfassen. So wurden die Unterschiede der zwei Länder rege diskutiert, die fast gleich gross sind und eine ganz ähnliche Landesflagge aufweisen. Ein letzter Anlass würdigte im renommierten Anwesen der Schweizerischen Botschaft das Ende der Tournee der SIA-Auszeichnung.