Wie Ke­ra­mik den Him­mel ins Kauf­haus brach­te

Publikationsdatum
25-09-2020

Ultramarin ist ein lichtechtes, anorganisches Pigment aus Lapislazuli. Einst gelangte es über die Seidenstrasse zu uns, meist aus Afghanistan. Daher stammt auch der Name Ultramarin – von jenseits des (Kaspischen) Meers. Es war so kostbar, dass es sich nur Kirchenfürsten und reiche Mäzene der Renaissance leisten konnten. Dabei sollte der Schleier der Gottesmutter auf Gemälden standardmässig blau sein, der Himmel und das Wasser ebenfalls. Die Kirche nutzte die irisierende Tiefenwirkung der Farbe, um die Gläubigen in ihren Bann zu ziehen.

Und dann das: Im Jahr 1825 lobte die «Sociétépour l’encouragement de l’industrie nationale» in Frankreich einen Preis für denjenigen aus, der es schaff­te, die Farbe günstig herzustellen. Ein Moment der Achtsamkeit von Jean-Baptiste Guimet in der staat­lichen Pulver- und Salpeterfabrik brachte die Lösung: Quarz, Kaolin, Soda. Beim Keramikbrennen stellte er fest, dass sich manche Teile bläulich verfärbten. Das Pigment, das er ent­wickelte, war 2500-mal günstiger als Ultramarin.

Marias Schleier kam langsam aus der Mode, und einige Jahrzehnte darauf wurden die ­Kir­chen von Konsum­tempeln abgelöst. Schon bald entdeckte die Werbung die Sogwirkung des Tons und begann, ihren Kunden das Blaue vom Himmel herab zu versprechen.

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