SIA: So­li­der Pro­jek­tie­rungs­sek­tor

Konjunkturbericht für die Planungsbranche II/2015

Nach wie vor ist die Aufhebung der Euro-Untergrenze des Frankens im Januar das bestimmende Wirtschaftsthema in der Schweiz. Der Projektierungssektor zeigt sich davon vorerst unbeeindruckt, die Geschäftslage bleibt stabil.

Publikationsdatum
28-05-2015
Revision
05-11-2015

Nach nunmehr drei Monaten ohne Wechselkursuntergrenze zum Euro zeigen sich erste konkrete Folgen für die Schweizer Wirtschaft: Zahlreiche Unternehmen, allen voran im export­orientierten Sektor, lassen ihre Mitarbeiter für denselben Lohn länger arbeiten, planen Produktionsverlagerungen ins Ausland oder haben bereits mit Stellenabbau reagiert. Der Beschäftigungsindikator der Konjunkturforschungsstelle der ETH Zürich (KOF) ist im zweiten Quartal 2015 auf –6.2% gesunken. Der negative Indikator bedeutet, dass die Zahl der Unternehmen, die einen Stellenabbau planen, gegenüber solchen überwiegt, die Stellen schaffen wollen. 

Der aktuelle Wert ist der tiefste seit dem vierten Quartal 2009, das das Ende der Finanzkrise markierte. Die KOF rechnet damit, dass der erstarkte Franken auch im Binnengeschäft Spuren hinterlassen wird – im Detailhandel ist dies bereits spürbar. Dagegen zeigt sich die Bauwirtschaft in robuster Verfassung. Anfangs war die Einschätzung der Branche eher pessimistisch, und so dürfte die Erleichterung über die tatsächliche Leistungserbringung manchen Akteuren etwas Luft verschaffen. Das KOF erwartet, dass die Beschäftigung auf dem Bau in den kommenden Monaten auf hohem Niveau verharren wird. 

Niedrigzins forciert Immobilieninvestments 

Institutionellen Anlegern bleibt mangels attraktiven Anlagealternativen praktisch nur die Möglichkeit, in «Betongold» zu investieren. Dieser Kapitalzufluss beschleunigt den ohnehin schon bestehenden Trend zum Überangebot. Im Bereich der Büro­immobilien hat sich dies bereits ­manifestiert. Sättigungstendenzen sehen Marktbeobachter auch in gewissen Segmenten des privaten Wohneigentums. Dennoch bleibt der Wohnbau gemäss dem KOF-Bau­blatt-Indikator weiterhin Stützpfeiler der Bauinvestitionen: 2015 soll das Vorjahresniveau gehalten werden. 

Projektierungssektor in guter Verfassung

Der Befund des Indikators deckt sich mit der aktuellen Quartalsumfrage der KOF: So haben sich die Beurteilungen der Geschäftslage im April bei Saldowerten von knapp unter 50 Punkten stabilisiert. Das KOF beurteilt diesen Wert, insbesondere auch im Vergleich zu anderen Branchen, als hervorragend. Tatsächlich hat sich die Leistungserbringung in der Branche als stabil erwiesen. Ebenso blieb die Beschäftigung in den vergangenen Monaten stabil; auch für die kommenden Monate wird mehrheitlich nicht mit einer Veränderung des Personalbestands gerechnet. Die Reichweite des Auftragsbestands beträgt sowohl bei den Architekten als auch bei den Ingenieuren ­immer noch gute 11 ½ Monate. 13% der befragten Büros rechnen für die nächsten Monate mit einem Rückgang der Nachfrage.

Zunehmend problematische Ertragslage

Obwohl diese Resultate grundsätzlich zuversichtlich stimmen, darf nicht ausser Acht gelassen werden, dass ertragsseitig grosse Herausforderungen bestehen: Die Problematik der teilweise sinkenden Honorar­sätze wird im SIA seit Längerem intensiv diskutiert und hat unlängst zur Lancierung der Charta «Faire Honorare für kompetente Leistungen» geführt. Zunehmend macht den Projektierungs­büros auch die Entwicklung der Ertragslage Sorgen. Manchen ist diese ­Negativdynamik schon vertraut: Tiefe Honorare führen zu geringen Erträgen. Der Leidensdruck verstärkt sich, je mehr die Reich­weite des Auftragsvorrats und die Nachfrage schrumpfen. Insbesondere bei den Architekten scheint sich dieses Problem jetzt zuzuspitzen – bei 20% der befragten Büros hat sich die Ertragslage sprunghaft verschlechtert, bei den Ingenieuren bei 17%. Jetzt heisst es abwarten, wie sich diese Werte im Verlauf des Jahres entwickeln. Früher oder später wird der Trend Auswirkungen auf die Personalplanung der Büros haben. 


Die Konjunkturumfrage der ETH-Konjunkturforschungsstelle (KOF) für den Projektierungssektor ist eine Befragung von freiwillig teilnehmenden Schweizer Architektur- und Ingenieurbüros. Die Fragebögen bestehen aus Einschätzungen hinsichtlich der jüngst vergangenen, gegenwärtigen und künftigen
Geschäftsaktivitäten.  Wer an der Umfrage teilnehmen möchte, kann den Fragebogen online unter http://survey.kof.ethz.ch beantworten. Sie können die Onlineumfrage unverbindlich testen.

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