SIA-An­lie­gen kon­struk­tiv ver­tre­ten

Dialog zwischen SBB und SIA

Seit 2014 treffen sich Vertreter der SBB und des SIA zweimal jährlich zum Gespräch. Dabei tritt der SIA im offenen Dialog für die Belange seiner Mitglieder ein.

Publikationsdatum
11-05-2017
Revision
11-05-2017

Die SBB sind Eigentümerin zahlreicher Grundstücke an strategisch wichtigen Entwicklungsstandorten der Schweiz und stehen für eine hochwertige Baukultur – womit sie ein zentrales Anliegen des SIA teilen. Seit 2014 treffen sich SBB und SIA zweimal jährlich zu einem Gespräch, an dem vonseiten der SBB Alexander Muhm (Leiter Development, SBB Immobi­lien) Alexis Leuthold (Leiter Recht, Compliance und Beschaffung, SBB Immobilien) und Rahel Minder ­(Führungsunterstützung SBB Im­mobi­lien) teilnehmen. Gesprächspartner seitens des SIA sind Präsident Stefan Cadosch und Geschäftsführer Hans-­Georg Bächtold.

Bei diesen Treffen geht es um die Schaffung von Transparenz und um eine gemeinsame Gesprächsbasis. Was sind die Anliegen der Planer, was sind die Anliegen der SBB? Es werden keine Verhandlungen über konkrete Projekte geführt. Die SIA-Geschäftsstelle informiert die Sektionen, Berufsgruppen und relevanten Kommissionen über die Besprechungstermine, verbunden mit der Bitte um thematischen Input. Die Rückmeldungen werden trak­tan­diert und besprochen und zusammen mit dem Protokoll dem gleichen Verteiler zugestellt. Regelmässige Diskussions- und Informationsthemen sind:

  • standardisiertes Wettbewerbsverfahren der SBB
  • Brandschutznormierung
  • BIM (Netzwerk Digital NwD)
  • SIA 101 Bauherrenordnung
  • SIA-Vernehmlassung zur BöB-/VöB-Revision
  • Die Schweiz 2050. Lebensraum und Bauwerk

Dieser halbjährliche Austausch weckte bei einigen SIA-Mitgliedern eine Erwartungshaltung – etwa die Erwartung, dass der SIA mit den SBB Verhandlungen z. B. in Bezug auf Honorarfragen führen möge; und es wurde der Vorwurf laut, der SIA setze sich an den Spitzentreffen zu wenig für die Anliegen der Mitglieder ein. Diese Wahrnehmung rührt offenbar aus einer von den SBB zum Teil in Wettbewerbsunterlagen verwendeten Formulierung, die lautet: «ist in den Grundzügen mit dem SIA abgesprochen». Das bedeutet konkret, dass die Regeln und Haltungen im Dialog behandelt, Vor- und Nachteile dargelegt und ge­meinsam diskutiert wurden, aber keine zustimmenden Beschlüsse ­seitens SIA erfolgten.

Weil es uns wie den SBB ein Anliegen ist, dass die SIA-Mitglieder die Zielsetzung des Dialogs SIA-SBB und seinen Nutzen verstehen, möchte ich mit diesem Beitrag bei den Mitgliedern ein gemeinsames Verständnis in Bezug auf die Ziele dieses Austauschs schaffen.

SBB-Standardwettbewerbsprogramme

SBB Immobilien verwendet für alle Studienaufträge und Wettbewerbe in der ganzen Schweiz einheitliche Musterprogramme. In diesen sind Vorgaben für Verfahrensarten festgelegt, und zwar zu a) Zusammensetzung der Jury, b) Berechnung der Preissumme und c) Honorarmoda­litäten. Diese SBB-Stan­dard­wett­bewerbspro­gramme (Projektwett­bewerbe und Studienaufträge) wurden im Dialog SBB-SIA intensiv diskutiert. In diesem Rahmen haben die SBB ihre Standards in vielen Punkten den Anliegen des SIA angepasst. Inhaltlich entsprechen die SBB-Standards zu weiten Teilen den einschlägigen Ordnungen des SIA. In wenigen Punkten weichen die SBB-Standards bewusst davon ab und sind nicht SIA-konform. In der Diskussion konnte kein Konsens gefunden werden. Nachfolgend die wichtigsten Abweichungen:

1. Festlegung der ­Honorarfaktoren

  • Die Faktoren Schwierigkeitsgrad (n), Anpassungsfaktor (r), Teamfaktor (i) und Sonderleistungen (s) werden im Wettbewerbsprogramm in Abstimmung mit der Jury fixiert.
  • Der Stundenansatz ist marktabhängig und wird von den Planern offeriert.
  • Die Gesamtleitung des Generalplaners wird separat entschädigt. Die Vergütung beträgt 3 % des Architektenhonorars.

2. Reduktion der aufwandbestimmenden Baukosten

Die aufwandbestimmenden Bau­kosten werden dort reduziert, wo ein Teil der Verantwortung auf den ­Spezialisten übergeht. Sie werden wie folgt angerechnet:

  • 100 % bei Verantwortung für Planung, Termine und Kosten beim Architekten ohne Unterstützung durch Fachplaner (exkl. Bauing.)
  • 67 % bei Verantwortung für Planung, Termine und Kosten mit Unterstützung durch Fachplaner
  • 33 % bei Verantwortung für Planung, Termine und Kosten beim Fachplaner mit Planungskoordination durch den Architekten
  • 0 %, wenn keine Aufgaben bestehen bzw. wenn die Verantwortung für Planung, Termine und Kosten beim Fachplaner liegt

3. Abtretung Urheberrecht

Das Urheberpersönlichkeitsrecht bleibt bei den Verfassenden. Im ­Übrigen gehen sämtliche Rechte an den für die SBB AG erbrachten Arbeitsergebnissen des Studien­auftrags oder des Wettbewerbs auf die SBB AG über.

Wird ein Folgeauftrag nicht erteilt oder vor Vollendung des Vorprojekts vorzeitig aufgelöst, so enthält das zur Weiterbearbeitung empfohlene Planungsteam in der Regel (Ausnahmen sind abschliessend in der Dokumentation erwähnt) für die bereits übertragenen Rechte ein ­Entgelt gemäss Ziffer 27 der SIA 142, sofern das Projekt des betroffenen Planungsteams mit Dritten weiterbearbeitet wird.

4. Aufhebung der Anony­mität in der zweiten Wett­bewerbsstufe

Abhängig vom konkreten Projekt wählen die SBB eines ihrer Standardwettbewerbsverfahren. Neben einstufigen, anonymen Projektwettbewerben und Gesamtleistungswettbewerben führen die SBB oft auch zweistufige Projektwettbewerbe durch. Bei Letzteren wird die erste Stufe anonym durchgeführt. Im ­Anschluss an den Preisgerichts­entscheid der ersten Stufe werden die Verfassercouverts geöffnet. Die Aufhebung der Anonymität im zweistufigen Wettbewerb soll einen Dialog ermöglichen, um gute Lösungen im Spannungsfeld zwischen Gestaltung und Marktfähigkeit ­sicherzustellen.

Der konstruktive Dialog mit den SBB wird fortgesetzt. Ab Mai 2016 werden die Gesprächsinhalte auf dem SBB-Immobilien-Blog ­«Spatenstich» auf www.sbb-immobilien.ch/blog veröffentlicht, und wir laden zu Reaktionen und Diskussionen ein.

Hier gehts zum SBB-Immobilien-Blog «Spatenstich».

 

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