Retentionsdach: Auswirkungen des Klimawandels mindern
Das Regenwassermanagement auf dem Flachdach hilft, extreme Wetterereignisse besser bewältigen zu können und trägt zu einer höheren Lebensqualität in Städten bei.
Die Schlagzeilen in den Medien wiederholen sich seit einigen Jahren: mehr Überschwemmungen, neue Hitzerekorde, längere Dürreperioden. Von den Folgen des Klimawandels sind speziell die urbanen Gebiete mit ihren zahlreichen versiegelten Flächen betroffen – und damit immer auch eine grosse Zahl von Menschen. Lösungen zur Minderung der Auswirkungen solcher Extremwettereignissen gibt es einige – Dachbegrünungen gehören unbedingt mit dazu. Insbesondere, wenn sie als Retentionsdach aufgebaut sind.
Die Schweizerische Fachvereinigung Gebäudebegrünung SFG hat ein Merkblatt Retentionsdach mit Informationen zu den technischen Anforderungen an ein Retentionsdach erstellt.
Der lateinische Begriff «retentio» bedeutet «das Zurückhalten». Und dies ist auch eine von mehreren Funktionen des Retentionsdachs: Es führt das Regenwasser nicht sofort vom Flachdach weg, sondern hält es zurück. Ein Retentionsdach-System besteht aus mehreren Schichten: Zuoberst die Bepflanzung (extensiv oder intensiv) und das Substrat, darunter ein Filtervlies, dann das Retentionselement und zuunterst, über der Dachabdichtung, eine Faserschutzmatte.
Bereits die erste Schicht mit dem Substrat hilft, das Regenwasser zurückzuhalten: Eine übliche Extensivbegrünung speichert zwischen 35 und 80 l/m2, eine Intensivbegrünung rund 70 bis 150 l/m2. Ist die Aufnahmekapazität der ersten Schicht erreicht, fliesst das Regenwasser in die darunter liegenden Schichten, wo es in Retentionselementen aufgefangen und zwischengespeichert wird.
Der Wasserabfluss dieser wabenartigen Elemente aus Kunststoff-Hohlkörpern wird durch eine statische Drossel am Ablauf oder Überlauf reguliert. So können bis zu 95 Prozent Wasser zurückgehalten werden, weshalb bei Starkregenereignissen etwa die Kanalisation weniger belastet oder die Gefahr von Überschwemmungen reduziert wird.
Wasser während Hitzeperioden
Ein weiterer Vorteil: Systeme, die über eine Kapillarwirkung verfügen, können das in den Retentionselementen zurückgehaltene Regenwasser in die Substratschicht zurückführen. So steht dieses gerade während Hitze- oder Trockenperioden den Pflanzen zur Verfügung und verdunstet.
Dies wiederum hilft mit, das Stadtklima abzukühlen und die Entstehung urbaner Hitzeinseln zu vermindern. Denn wenn Wasser verdunstet, wird der Umgebung Wärme entzogen. Weil aber die Oberflächen der Städte grösstenteils versiegelt sind, wird das meiste Regenwasser abgeführt, statt zu verdunsten.
Dies ist ein Grund, warum heute das Prinzip der sogenannten Schwammstadt in den Stadtplanungen immer mehr Aufmerksamkeit findet. Eine Stadt, deren Oberflächen Wasser wie ein Schwamm aufsaugen und bei Hitze wieder abgeben. Das Retentionsdach ist ein wichtiger Bestandteil dieses Prinzips.
Natürlich gilt es, die zusätzlichen Lasten durch das gespeicherte Wasservolumen bei der Planung zu beachten. Je nach Rückhaltevolumen kann die zusätzliche Belastung rund 50 bis 160 kg/m2 Dachfläche betragen.
Bei Neubauten kann dies bei der Tragwerksplanung direkt miteingerechnet werden und bei bestehenden Gebäuden ist zu prüfen, ob die vorhandene Tragkonstruktion oder andere Bauteile verstärkt werden müssen. Auch zu beachten: Bei einem Retentionsdach muss die Dachabdichtung in Bereichen mit aufgehenden Bauteilen wie etwa Aufbordungen, Lichtkuppeln oder Wandanschlüssen um rund fünf bis acht Zentimeter höher hinaufgezogen werden.