Re­gie­ren heisst vor­aus­schau­en

Fünftes Energiefrühstück im Bundeshaus

Unmittelbar vor der Differenzbereinigung zur Energiestrategie 2050 wurde beim Parlamentarierfrühstück des SIA eines deutlich: Es ist an der Zeit für ein Umdenken in der Baubranche und Politik, bei Bestellern und Nutzern.

Publikationsdatum
30-03-2016
Revision
30-03-2016

Um 7 Uhr in der Früh fanden sich am 2. März 2016 zehn Parlamentarier und Parlamentarierinnen zum sogenannten Energiefrühstück des SIA ein, um kurz vor Beginn der entscheidenden Nationalratsdebatte zur Energiestrategie 2050 etwas über den Stand­punkt des SIA zu erfahren.

SIA-Geschäftsführer Hans-Georg Bächtold begrüsste Vertreter des breiten Parteienspektrums mit einem persönlich gefärbten Bericht: Kürzlich sei er seit Langem einmal wieder auf seinem alten Kindergartenweg gelaufen. Die Häuser am Weg stünden unverändert wie vor 55 Jahren, geändert hätten sich lediglich ihre Funktion und Nutzung. Umgemünzt auf die Energiestrategie 2050 führe das zu diesen Fragen: Wie wird sich das Nutzerverhalten bis 2050 ändern, wie die Funk­tio­nen? Erst wer sich damit be­schäftige, so Bächtold, könne auch zu einer Energiestrategie finden. 

SIA-Vizepräsident Adrian Altenburger wagte einen Blick in die Zukunft: Mobilität und Immobilien würden zunehmend konvergieren. Je detaillierter man dank Digitalisie­rung berechnen könne, wo wir uns wie lang aufhalten, desto effizienter könne Energie eingesetzt werden. Die Zukunft werde hybrid sein: En­ergie werde dezentral auch in Siedlungen oder einzelnen Gebäuden erzeugt, verbraucht, gespeichert, transformiert und ins Netz verteilt. 

Obwohl die Schweizer Bevölkerung wohl auf bis zu zehn Millionen Menschen anwachsen werde, müssten der Energieverbrauch, insbesondere von nicht erneuerbaren Energien, und der CO2-Ausstoss massiv gesenkt werden. Folglich gehe es in der Energiefrage um mehr als um Heiz- und Wärmedämm­dogmatik.

Der Gebäudepark und sein Betrieb müssten ganzheitlich und technologisch betrachtet werden. Nebst Baufachleuten trügen Professionen wie Facility Manager Ver­antwortung für die Umsetzung der Ener­giestrategie. Wenn die Schweiz hier neue Strategien und Technologien entwickle, bringe das letztlich Exportpotenziale und steigere die internationale Konkurrenzfähigkeit.

Bildungsinitiative lanciert

Um den Gebäudepark verantwortungsvoll zu betreiben und die genannten Aufgabe zu bewältigen, brauche es eine Sensibilisierung in der Baubranche, der Politik, bei Bestellern und Nutzern, erklärte Urs Rieder, Präsident des SIA-Fachrats Bildung. 

27 Verbände hatten Bundesrätin Doris Leuthard deshalb im Januar die Charta «Energetische Transformation des Gebäudeparks» überreicht. Diese Qualitäts- und Bildungsoffensive betrifft 500000 Baufachleute. In der Nutzungspraxis kommt es darauf an, den Wissens­transfer zu einem Gebäude zu verbessern: Der Ingenieur übergibt nach Fertigstellung eines Baus Informationen an den Facility Manager, dieser instruiert den Nutzer.

Die Einwände der Parlamentarier konzentrierten sich auf die Perspektive des Bestellers bzw. Nutzers: Dieser werde wissen wollen, ob sich Massnahmen für ihn persönlich lohnten. Was sich ökonomisch rechnet, findet schnell Unterstützung. Somit besteht die Herausforderung u. a. darin, dem Besteller oder Nutzer die Rentabilität energetischer Massnahmen auf verständliche Weise zu vermitteln.

Adrian Altenburger hielt fest: Mit den Gesetzgebungen ge­staltet das Parlament die Ausgangslage für den Gebäudepark, für die Energiestrategie und die Wettbewerbsfähigkeit der Schweiz. Wer vorausschaut, kann den Pioniergeist fördern. Regieren heisst vorausschauen – hier zitierte Altenburger den Politiker Emile de Girardin: «Gouverner c’est prévoir.»

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