Pro­jek­tie­rungs­sek­tor als In­sel im Sturm?

Konjunkturbericht für die Planungsbranche 1/2016

Die Geschäftsaussichten für 2016 zeichnen für die Schweizer Wirtschaft ein sehr heterogenes Bild. Der Projektierungssektor schwimmt dagegen obenauf. Dennoch müssen Architekten und Ingenieure wachsam bleiben.

Publikationsdatum
30-03-2016
Revision
30-03-2016

Die Konjunkturforschungsstelle an der ETH (KOF) erhebt regelmässig die Geschäftslage in verschiedenen Branchen der schweizerischen Privatwirtschaft, wozu schwergewichtig die Wirtschaftsbereiche Industrie, Handel, Gastgewerbe, Baugewerbe und Projektierung sowie Finanzen und Versicherungen gehören. Im Vergleich mit den anderen Branchen befinden sich Architekten und Ingenieure schon seit Längerem regelmässig im Bereich «Lage gut und verbessert» (vgl. Grafik). Ist damit alles in bester Ordnung?

Chancen und Risiken im Griff?

Offenbar nicht, denn glaubt man dem Branchenhandbuch der Credit Suisse (CS)1 für das Jahr 2016, ist der Projektierungssektor gegenüber aufkommenden Stürmen nicht gut genug abgesichert. Im Hinblick auf mittelfristige Chancen und Risiken erhält der Projektierungssektor vom CS-Benchmark lediglich 0.1 Punkte – das bedeutet nur Durchschnitt.

Die Autoren beurteilen die Margen der Planerbüros gemessen am Risiko als tief und befürchten bei nachlassender Nachfrage eine Strukturbereinigung der Branche; im ungünstigen Fall könnten also Büros vom Markt verschwinden. Zu einer ähnlich pessimistischen Einschätzung kamen die CS-Researcher schon in früheren Jahren. Zum Vergleich: Das Baugewerbe wird mit –0.1 und die Immobilienbranche mit 0.4 beurteilt. Das Schlusslicht bildet die Branche Druck und Verlag mit –1.9, wohin­gegen Informatikdienste mit 3.0 Punkten als Sieger hervorgehen. 

Projektierungssektor weiterhin stabil

Der aktuellen Quartals­erhebung des KOF zufolge ist der Projektierungssektor allerdings weiterhin auf solidem Kurs. Nachdem die Einschätzungen zur Geschäftslage von Architektur- und Ingenieurbüros im Jahr 2013 in puncto Optimismus ihren Höhepunkt erreicht hatten, setzte 2014 eine leichte Talfahrt ein, auf die seit Frühjahr 2015 eine deutliche Stabilisierung folgte.

Hingegen sind die Erwartungen bezüglich der Entwicklung im kommenden halben Jahr doch eher verhalten. Der Anteil der Umfrageteilnehmer, die von einer Verschlechterung der Geschäftslage ausgehen, steigt von 10 % (Juli 2015) auf 12 % (Januar 2016). Es ist keine Überraschung, dass als gröss­tes Hemmnis nach wie vor der Mangel an Arbeitskräften (35.1 %) gilt. Bemerkenswert erscheint aber doch, dass rund 20.5 % der befragten Büros eine ungenügende Nachfrage beklagen. Die KOF schreibt von zunehmenden finanziellen Restriktionen, mit denen der Projektierungssektor zu kämpfen habe.

Architekten zuversichtlich

Die Beurteilung der momentanen sowie zukünftigen konjunkturellen Lage der Architekturbüros hat sich erneut kaum verändert. Die Reichweite der vorhandenen Aufträge klettert jedoch auf einen Rekordstand von 12.7 Monaten, was seit 1996 unerreicht ist (vgl. Grafik). Derzeit scheinen sich die Auftrags­eingänge etwas abzuschwächen; insgesamt aber bleibt die Nachfrage stabil. Dazu schätzen die befragten Architekten die Höhe der Bau­summen positiver ein als noch vor einem Jahr. Im aktuellen Quartal ­gehen 20 % von steigenden Bausummen aus (1. Quartal 2015: 17 %). 14 % berichten von sinkenden Bausummen (1. Quartal 2015: 16 %). 

Ingenieure verhalten optimistisch

Nach den ersten positiven Anzeichen im vergangenen Quartal stabilisiert sich auch die Geschäftslage der Ingenieurbüros nach einer langen Talfahrt weiter. Der Talboden scheint möglicherweise erreicht zu sein. Dennoch rechnen 15 % der Umfrageteilnehmer mit einer weiteren Verschlechterung der Lage, nur 5 % erwarten für das kommende halbe Jahr eine Verbesserung. 

Dagegen verbessern sich die Einschätzungen betreffend Höhe der Bausummen im öffentlichen Bau markant. Ein Blick in die Sta­tistik des Baublatts bestätigt: Ins­besondere Schulen sowie Spi­täler und Altersheime sind in der Pipeline der öffentlichen Bauherren. Mitt­lerweile melden 17 % der Ingenieur­büros einen Anstieg der öffent­lichen Bausummen. Mitte 2015 waren es nur 8 %. Ausserdem sta­bilisiert sich die Bewertung des Auftrags­bestands nach einem Jahr der Abwärtstendenz. Ein verhaltener Optimismus ist also auch bei den Ingenieuren durchaus angebracht.

Anmerkung

1 Credit Suisse, Branchenhandbuch 2016, Swiss Issues Branchen, Nachhallen des Frankenschocks, Januar 2016 (kostenlos downloadbar unter: www.credit-suisse.com)

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