«Neigh­bours» – Schwei­zer Pa­vil­lon

18. Internationale Architekturausstellung, La Biennale di Venezia

Publikationsdatum
05-05-2023

Die Schweizer Kulturstiftung Pro Helvetia ist für den Schweizer Auftritt an der Kunst- bzw. Architekturbiennale in Venedig verantwortlich. Um das Ausstellungsprojekt der Architekturbiennale 2023 zu ermitteln, führte die Stiftung 2022 einen offenen Wettbewerb durch. Aus den 48 eingereichten Projekten kürte die Jury den Vorschlag «Neighbours» von Karin Sander und Philip Ursprung zum Sieger.

Konzeptuelle und räumliche Verschränkung

«Neighbours» thematisiert die Verschränkung des 1952 eröffneten Schweizer Pavillons mit seinem zwei Jahre später fertiggestellten venezolanischen Nachbarn.

Die Verbindungen zwischen den Bauten sind vielfältig. Die Architekten, der Schweizer Bruno Giaco­metti (1907–2012) und der Italiener Carlo Scarpa (1906–1978), waren beruflich verbunden. Bei beiden Pavillons sind die alten Bäume einer bestehenden Allee in den Entwurf integriert; beide Bauten weisen – im Gegensatz zu älteren Pavillons – je einen ummauerten Hof auf. Zwischen den Höfen, die ursprünglich nur durch ein Gitter getrennt waren, bestand eine Sichtbeziehung. Erst später wurde die räumliche Verschränkung zwischen den Pavillons und ihren Höfen für mehrere Jahrzehnte unkenntlich gemacht, indem das Gitter zwischen den Höfen durch eine Mauer aufgedoppelt wurde.

Trennung trotz visueller Öffnung

Durch den Abbruch dieser Mauer machen Sander und Ursprung die Architektur selbst zum Exponat. Dabei eröffnen sie nicht nur Perspektiven auf das physisch Gebaute, sondern auch auf die früheren und heutigen territorialen Beziehungen in- und ausserhalb der Giardini della Biennale – mit allen politischen und ökonomischen Implikationen.

Venezuela war das erste südamerikanische Land mit einem eigenen Biennale-Pavillon. Das damals reiche Land wurde von einer Militärjunta regiert, die sich für den repräsentativen Auftritt den Dienst des venezianischen Stararchitekten Carlo Scarpa sicherte. Heute wird Venezuela als Bolivarische Republik von einer sozialistischen autoritären Regierung geführt. Eine Zusammenarbeit zwischen den offiziellen Stellen, die den Schweizer bzw. den venezolanischen Pavillon kuratieren, war nicht möglich. Trotz dem Abbruch der Mauer bleibt die unsichtbare Grenze zwischen den Nachbarn bestehen – auch das offenbart «Neighbours».

-> Jurybericht zum Wettbewerb

 

Kuration und Ausstellung: Karin Sander, Philip Ursprung, ETH Zürich

 

Kommissärin: Schweizer Kulturstiftung Pro Helvetia

 

Ausstellung: 20. Mai bis 26. November 2023, Schweizer Pavillon, Giardini della Biennale, Venedig

 

Veranstaltungen im Schweizer Pavillon und im Palazzo Trevisan degli Ulivi