Ge­mein­sam den Zu­kunfts­pfad be­schrei­ten

Gedanken zum Jahreswechsel von Stefan Cadosch, Präsident des SIA

Umsicht, Die Schweiz 2050, Netzwerk Digital – der SIA mischt sich auch 2017 als Transmitter und Katalysator des verantwortlichen, nachhaltigen und fortschrittlichen Gedankens in den öffentlichen Diskurs ein.

Publikationsdatum
05-01-2017
Revision
05-01-2017

Vor knapp zwei Monaten stimmte die Schweizer Bevölkerung gegen den beschleunigten Atomausstieg. Interpretationen gehen nun bereits dahin, der Souverän habe damit grundsätzlich Nein gesagt zum Verzicht auf die Atomkraft. Das glaube ich nicht. So auch Bundesrätin Leuthard nicht, die es wie folgt formulierte: «Die Bevölkerung will den Atomausstieg, aber schrittweise und nicht übereilt.» Was mich persönlich betrifft, so gebe ich ihr recht.

Die zukunftsfähige Umgestaltung unseres Energiesystems muss entschieden angegangen werden – zuallererst dessen Dekarbonisierung, um der Klimaerwärmung entgegenzuwirken. Darüber hinaus gilt es aber grundsätzlich von einem Energieerzeugungszyklus wegzufinden, bei dem Emissionen und unwägbare Risiken entstehen. Deshalb ist es richtig und wichtig – wie mit der Energiestrategie 2050 vorgesehen –, auch den geordneten Ausstieg aus der Atomkraft anzusteuern.

Weil der entscheidende Entwicklungstreiber der regenerativen Energiegewinnung die Nachfrage danach ist, gilt es Letztere zu steigern. Hier kommen wir Architektinnen und Architekten, wir Ingenieurinnen und Ingenieure ins Spiel. Steht doch der Gebäudepark Schweiz für 49 % des Verbrauchs an fossilen Energieträgern sowie für 14% des nuklear erzeugten Stroms. Deshalb gilt es mit unseren Vorschlägen und Lösungen die Menschen zu überzeugen, ihre noch immer mehrheitlich mit Öl, Gas, Kohle und Holz geheizten Häuser auf emissionsfreie Wärmegewinnung umzurüsten. Über betriebliche Optimierungen können wir zudem enorme Einsparungen beim Verbrauch an elektrischer Energie erwirken. Mit diesen und vielen anderen Ansätzen mehr haben wir Planenden eine enorme Hebelwirkung, um die Abhängigkeit unserer Gesellschaft von der fossilen und nuklearen Energie entscheidend zu verringern.

Dass dabei nicht nur schädli­che Emissionen vermieden, sondern auch noch gesellschaftliche, öko­nomische und baukulturelle Werte geschaffen werden, das ­machte die Jurierung zur SIA-Auszeichnung «Umsicht – Regards – Sguardi 2017» erneut deutlich. Umso mehr freue ich mich auf einen der Höhepunkte des kommenden Jahres, die Vergabe der Auszeichnung am 22. März im neuen Erweiterungsbau des Landesmuseums Zürich. ­Umsicht ist Sensibilisierung und zugleich Inspiration für die zukunftsfähige Umgestaltung des Bauwerks Schweiz. Inspiration und Motivation, damit uns die Menschen auf diesem Pfad der Umgestaltung folgen.

Eine Vision für die Schweiz

Mit überzeugendem Anschauungsmaterial auf diesen Pfad mitnehmen wollen wir die Menschen auch mit einem weiteren Schwerpunktenga­gement des SIA, dem Forschungsprojekt «Die Schweiz 2050 – Bauwerk und Lebensraum». Ziel des Projekts ist die Erarbeitung einer ganzheitlichen Raumentwicklungsvi­sion – bewusst auf denselben Zeithorizont wie die Energiestrategie ausgerichtet, weil die zukunftsfähige energetische und raumplanerische Umgestaltung eng miteinander verbunden sind.

Ein wichtiges Projekt, das uns nebst der Vision für die Schweiz der kommenden Jahrhundertmitte auch wertvolle Informationen für die Berufspraxis der SIA-Mitglieder liefern wird. Zudem wird es uns die Richtung für die zukünftige Aus­gestaltung des SIA-Normenwerks sowie unserer Fort- und Weiterbildung vorgeben. Und nicht zuletzt unterstreicht der SIA mit diesem Projekt seine Vorreiterrolle, wenn es um die zukunftsfähige, innovative und hochwertige Gestaltung des Lebensraums Schweiz geht.

Als dritte Herausforderung, mit der sich der SIA in diesem Jahr intensiv beschäftigen muss, sehe ich die Digitalisierung.

Fundamentale Veränderung

«Science-Fiction wird zu Science-Fact», beschrieb der Zukunftsforscher Gerd Leonhard am SIA-­Dinner 2016 das, was im Moment informationstechnologisch vonstatten geht. Was das konkret an Ver­änderung heisst, lässt sich erst erahnen. In jedem Fall wird die Entwicklung fundamental in die Arbeit von uns Architekten und Ingenieuren eingreifen, unser Berufsbild und unsere gesellschaftliche Funktion grundlegend verändern. Ich erlebe diese Entwicklung als spannende Herausforderung und finde es toll, diesen historischen Zeitabschnitt miterleben und mitgestalten zu dürfen.

Wenn wir Letzteres aktiv tun – und hier sind insbesondere das «Netzwerk Digital» und die Berufsgruppen des SIA gefordert –, so werden sich für die Architektur und die Ingenieurbaukunst komplett neue Möglichkeiten und für die dahinterstehenden Fachleute spannende Betätigungs- und Berufsperspektiven ergeben. Es muss aber auch eine Debatte über Nutzen und Grenzen der Entwicklung geführt werden, gerade deshalb, weil aufgrund der fortschreitenden Digitalisierung auch ein wachsender Bevölkerungsanteil Zukunftsängste hat.

Allen, die den SIA bei «Umsicht», bei «Die Schweiz 2050», beim «Netzwerk Digital», bei der Erarbeitung unserer Normen sowie über ihr Mitwirken im Vorstand, den Berufsgruppen, den Sektionen, Kommis­sionen und auf der Geschäftsstelle unterstützen, ein ganz herzliches Dankeschön. Gestalten wir gemeinsam eine lebenswerte Zukunft!

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