Eine Gebäudeenergie-Datenbank für alle
Projekt GIS-Gebäudeenergie
Eine vollumfängliche Datenbank der Energielieferungen bietet die Chance, den Energieverbrauch schweizweit zu erfassen und datengestützt zu planen, um den Verbrauch und die CO2-Emissionen wirkungsvoll zu senken.
In den letzten Jahren hat die Schweiz, alle Energieträger eingeschlossen, einen Endenergieverbrauch von durchschnittlich etwa 240 TWh/Jahr erreicht. Gut die Hälfte der Energie wird importiert, was mit Blick auf den Aussenhandel ein jährliches Defizit von etwa 10 Milliarden Fr. verursacht. Der Gebäudesektor allein ist für fast 50 % des Gesamtenergieverbrauchs verantwortlich.1,2
Durch ein ganzheitliches Monitoring könnten der landesweite Energieverbrauch optimiert und – nicht zuletzt – der damit verbundene CO2-Ausstoss minimiert werden. Auch im Hinblick auf die von der Schweiz für die Klimakonferenz in Paris angekündigten Reduktionsziele wird ein Monitoring immer unverzichtbarer.
Vor zwei Jahren lancierte der SIA-Fachrat Energie eine Studie, die die Zweckmässigkeit und die Machbarkeit einer grossflächigen Erhebung von realen Energieverbrauchsdaten der Gebäude prüfen sollte – OPAN concept SA in Neuchâtel, das CREM in Martigny und das Energy Center der EPFL in Lausanne arbeiteten die Studie unter der Leitung des SIA aus, und das Programm EnergieSchweiz des Bundesamts für Energie (BFE) unterstützte sie finanziell. Basierend auf bestehenden Datenerhebungen des Gebäudeenergieverbrauchs von verschiedenen Städten, Gemeinden und Kantonen wurde eine auf nationalem Niveau anwendbare Methodik vorgeschlagen.
Energieverbrauch eindeutig zuordnen
Für jedes Gebäude in der Schweiz sollen jedes Jahr die Energielieferungen eines jeden Energieträgers erhoben und in einer Datenbank erfasst werden, inklusive der Mengen und des jeweiligen Anlieferungsdatums (oder des Abrechnungszeitraums). Am einfachsten geschieht dies über die Abrechnungssysteme der Energielieferanten. Anhand des EGID (des Eidg. Gebäudeidentifikatoren des Gebäude- und Wohnungsregisters) können die Daten eindeutig den jeweiligen Gebäuden zugeordnet und zugleich auch geografisch lokalisiert werden.
Wo bei den netzgebundenen Energieträgern ein direkter Bezug zwischen Abrechnung und Verbrauch besteht, muss bei lagerfähigen Energieträgern (wie Öl und Holz) die Erhebung der Lieferungen erst einmal über zwei bis drei Jahre erfolgen, bis der durchschnittliche Energieverbrauch berechnet werden kann.
Monitoring erschliesst Synergien
Was wäre der Vorteil einer solchen Datenbank? Auch die Erfassung und Darstellung des gemessenen Energieverbrauchs des Schweizer Gebäudeparks könnten harmonisiert werden. Und aufgrund der Georeferenzierung der Daten könnten die Energieversorgung und der Verbrauch auf genaueste Weise, weil auf realen Werten aufbauend, analysiert und geplant werden – von der Quartiers- über die Kantons- bis hin zur Bundesebene. Sie würde es zudem ermöglichen, viel genauer die CO2-Emissionen zu bestimmen und viel gezielter auf den Energieverbrauch Einfluss zu nehmen oder die Auswirkung von vergangenen Entscheidungen oder Massnahmen zu analysieren.
Finanziell attraktives Projekt
Parallel zu dieser Studie wurde im Rahmen des Forschungsprogramms Swiss Competence Centers for Energy Research «Future Energy Efficient Buildings & Districts» (SCCER-FEEB&D) der Aufbau einer ähnlichen Datenbank untersucht, diesmal basierend auf Modellresultaten. Vom Ansatz, der im Projekt «GIS-Gebäudeenergie» vorgeschlagen wird, sind die Verantwortlichen dieses Forschungsprogramms überzeugt. Die Partner planen nun, in einem Pilotprojekt die beiden Ansätze zu kombinieren und ein erstes GIS-Gebäudeenergie zu realisieren und zu testen.
Dabei sollen sowohl das Konzept, das landesweit genutzt werden soll, geprüft und gefestigt als auch die verwendeten Modelle und Methoden validiert werden. Zudem soll nun die Suche nach interessierten Energielieferanten und -verbrauchern starten, die bereit sind, freiwillig an der Pilotstudie teilzunehmen.
Ein EGID, also ein Gebäudeidentifikator, wurde bisher fast ausschliesslich den Gebäuden mit Wohnnutzung zugeordnet. Bis 2019 plant das Bundesamt für Statistik (BFS) zusammen mit den Gemeinden jedoch, die Zuordnung auf alle Gebäude auszuweiten. Die Informationen, die in der Datenbank gesammelt werden, könnten so auch das Gebäude- und Wohnungsregister (GWR) des BFS im Energiebereich sinnvoll ergänzen.
Auch aus finanzieller Sicht lohnt sich das Projekt: Mögliche Einsparungen bei den jährlich 16 Milliarden Franken Energieausgaben im Gebäudesektor allein stehen gemäss ersten Schätzungen laufenden Betriebskosten von weniger als 1 Fr. pro Gebäude und Jahr gegenüber. Die Kosten für den Aufbau der Datenbank belaufen sich sehr grob geschätzt auf etwa 2 Millionen Fr. Die Finanzierung ist noch offen, und die Beträge sollen im geplanten Pilotprojekt präzisiert werden.
Verlässliche Daten gefragt
Die heute üblichen Berechnungsmodelle erreichen nicht in allen Massstäben eine Präzision, die im Verhältnis zu den zu erfassenden Veränderungen steht (Beispiel: Berechnung der Änderung von CO2-Emissionen von nur wenigen Prozenten basierend auf Werten, die teilweise um 30 % von der Wirklichkeit abweichen).
Um das Projekt umsetzen zu können, ist daher ein Paradigmenwechsel nötig: Nur ein flächendeckendes Monitoring mit verlässlichen, realen Daten erlaubt eine effiziente Energieplanung und eine realistische Analyse hinsichtlich der tatsächlichen Wirksamkeit der Massnahmen. Weitere Herausforderungen, die bisher noch nicht gelöst und noch zu meistern sind, sind die Verpflichtung zur Datenlieferung und der Datenschutz. Auch auf diese Fragen soll die geplante Pilotphase Antworten liefern.
In der Energiestrategie 2050 des Bundesrats ist ebenfalls ein Monitoring des Energieverbrauchs vorgesehen, die Umsetzung ist aber noch unklar. Wir sind überzeugt, dass das Projekt GIS-Gebäudeenergie mit den relevanten Massnahmen der Energiestrategie kompatibel ist. Es könnte die Daten und das Wissen liefern, die für ein solches Energiemonitoring notwendig sind – denn eins ist sicher: Was wir nicht wissen, können wir auch nicht ändern.
Anmerkungen
1 Schweizerische Gesamtenergiestatistik 2014, BFE
2 Erste Massnahmen Energiestrategie 2050, Faktenblatt 1,
Der Bundesrat, 18. 4. 2012
Projekt Gis-Gebäudeenergie
Initiant des Projekts ist der SIA-Fachrat Energie. Als Autoren der Studie beteiligten sich die Unternehmen und Institutionen OPAN concept SA (Neuchâtel), CREM (Martigny) und das Energy Center der EPFL (Lausanne), ebenso eine Begleitgruppe mit Repräsentanten des BFE (Bereiche Gebäude und Geoinformation), je ein Repräsentant des Kantons Genf (Amt für Energie) und Luzern (Dienststelle Umwelt und Energie) sowie drei Mitglieder des SIA-Fachrats Energie.