Die Ri­gi-Bah­nen sind 150

Vor 150 Jahren fuhr an der Rigi die erste Zahnradbahn in Europa von Vitznau bis Staffelhöhe. Die neue Erschliessung, ersonnen vom Lokomotivbauer Niklaus Riggenbach, bereitete dem Ausflugstourismus den Weg. Erfolg und Widerstand prägen die Bahnbiografie bis heute.

Schuld ist eigentlich der Hauenstein-Tunnel auf der Bahnstrecke Olten-Basel. Auf einer Steigung von bis zu 26 Promille kamen dort die Bahnräder bisweilen ins Rutschen, da half selbst Sand auf den Gleisen oft nichts. So steht es in den Memoiren von Niklaus Riggenbach (1817-1899). Der Bergbahnpionier, geboren im Elsass, war nach Lehr- und Wanderjahren in Frankreich und Deutschland zur Schweizerischen Centralbahn gestossen. Die Rutschprobleme brachten ihn auf die Idee mit der Leiterzahnstange, in die Zahnräder greifen.

1863 liess er das Zahnradbahnsystem in Frankreich patentieren. Wer heute der Zahnradbahnstrecke auf der Rigi entlangwandert, sieht die Zahnstangen in der Mitte der Spur. Diese waren ab 1869 während zwei Jahren in den Berg gebaut worden.

Kosten von 1.3 Millionen Franken

Das Geld für den Bau erhielt Riggenbach vom Strassburger Financier Casimir Friedrich Knörr, der die erste Dampfschifffahrtsgesellschaft auf dem Vierwaldstättersee gegründet hatte. Die Baukosten betrugen 1.3 Millionen Franken. Der Kanton Luzern hatte damals die Konzession für die rund fünf Kilometer von Vitznau bis Staffelhöhe erteilt.

Am Sonntag, 21. Mai 1871 nahm die Vitznau-Rigi-Bahn ihren Betrieb auf, just am Geburtstag Riggenbachs. Die Fahrt bis auf den Rigi-Gipfel war dem Jubilar allerdings nicht vergönnt – die Strecke bis Kulm lag auf Schwyzer Boden. Und von dort kam Widerstand gegen das Bergbahnprojekt, wie es in der Festschrift zum Jubiläum geschrieben steht.

Die Gemeinde Arth am Zugersee, bislang beliebter Ausgangspunkt für die Besteigung der Rigi, witterte nämlich Konkurrenz durch die neue Bahn. Zwölf Männer aus Arth gründeten ein Initiativkomitee und vier Jahre später, 1875 nahm die Arth-Rigi-Bahn auf der Strecke zwischen Goldau und Rigi-Kulm ihren Betrieb auf.

Fusion und Expansion nach China

1904 zankten sich die beiden Betreiber bis vor Bundesgericht um die Nutzung des letzten Streckenabschnitts zum Gipfel. Auch als 1969 die Luftseilbahn von Weggis nach Rigi-Kaltbad in Betrieb ging, sah sich die Schwyzer Seite erneut aussen vor gelassen. Mit den Jahren folgte aber eine Annäherung, die 1992 in der Fusion zur Rigi Bahnen AG gipfelt.

In der Zwischenzeit hatte sich die Zahl der Fahrgäste auf jährlich 600'000 gesteigert. Gut zehn Jahre später sollte die eingeleitete Wachstumsstrategie insbesondere in China noch einmal für einen deutliche Gästezuwachs sorgen – aber auch für erneute Spannungen. Diese kamen nun von anderer Seite. 2017 startete eine Online-Petition mit dem Titel «Nein! zu Rigi-Disney-World». Die Initianten um Rigi-Bewohner René Stettler störten sich am Masterplan, den die Bahnen zur Entwicklung der Rigi vorgelegt hatten: zu grosse Baupläne, zu viele Gäste, zu viel Spektakel.

Gondelbahnprojekt sistiert

Kritiker und die Rigi Bahnen einigten sich in der Folge auf eine Rigi-Charta 2030 für die Entwicklung der Rigi, die mit ihren neun Bahnen heute zu den am besten erschlossenen Bergen der Welt zählt. Zuletzt beförderten die Bahnen knapp 1 Million Gäste - das war noch vor der Coronapandemie.

Im Zuge der Coronakrise schrumpften die Passagierzahlen bei den Rigi Bahnen 2020 um fast die Hälfte, der Umsatz brach ein, der Gewinn sackte ab. Im März 2021 sistierte das Unternehmen den umstrittenen Ersatzbau einer Gondelbahn zwischen Weggis und Kaltbad. Diesen kritisieren sowohl Schutzverbände als auch Anwohner.

Das Dilemma zeigt sich bei der IG Rigi Kaltbad First, die die Interessen der rund 120 Einheimischen und Hausbesitzer vertritt. Es gebe, schreibt die IG, in ihren Reihen sowohl Befürworter als auch Gegner einer Gondelbahn – am meisten fürchten sie sich aber vor einem Wegfall der Seilbahn, weil damit die Verbindung nach Weggis verloren ginge.

Die IG arbeitet am Entwicklungsplan mit, der die Charta umsetzen soll. Die Ergebnisse werden Ende September präsentiert. In der Jubiläumsschrift sagt Rigi-Bahnen-Chef Frédéric Füssenich bereits, was sich ändern soll: Die Besucherströme am Berg gelte es neu zu organisieren. Eine Neuausrichtung brauche es aber nicht.

Ganz anders sieht das René Stettler. Der Besucherstrom auf der «Königin der Berge» sei über höhere Preise zu drosseln. Der Kleinaktionär lancierte 2019 eine zweite Petition: «Rigi: 800'000 sind genug!». Zudem sei eine Studie in Arbeit, die aufzeigen werde, wie sich auf der Rigi Geld verdienen lasse, fernab von Massentourismus.

 

Die Rigi in TEC21:

 

Rigi I – bebauter Berg

Rigi II – bewegter Berg

 

Die Rigi Bahnen in der Schweizerischen Bauzeitung:

 

Zum 25-Jährigen Jubiläum der Rigibahn: Artikel 1; Artikel 2; Artikel 3

50-jähriges Betriebsjubiläum der Rigi-Bahn