Die Im­mo­bi­lie als En­er­gie­lie­fe­rant

Geänderte Rahmenbedingungen machen die Energiestrategie 2050 leichter umsetzbar. Wenn Planer diese Chance richtig nutzen, können sie Komfort und Ästhetik mit der Produktion erneuerbarer Energie verbinden.

Publikationsdatum
09-07-2014
Revision
18-10-2015

Die Energiestrategie 2050 des Bundes zielt auf ein kontinuierliches Wachstum bei den erneuerbaren Energien im Gebäudebereich. In jedem Bauprojekt, Sanierung wie Neubau, muss somit u. a. die Frage nach gebäudeinte­grierter Solarenergie konsequent gestellt werden. 

Die Rahmenbedingungen für die Produktion solarer Energie in der Schweiz haben sich in den vergangenen Monaten merklich ­geändert. Durch neue Regelungen im Plangenehmigungsverfahren können Photovoltaikanlagen unter 30 kWp seit Dezember 2013 ohne Genehmigung des Eidgenössischen Starkstrominspektorats Esti gebaut werden.

Im April 2014 trat die revidierte Energieverordnung in Kraft. PV-Anlagen unter 10 kWp werden nun durch eine Einmalvergütung bis 30% der Investitionskosten gefördert, Anlagen von 10 bis 30 kWp können zwischen Einmalvergütung und kostendeckender Einspeisevergütung (KEV) wählen, für Anlagen über 30 kWp kann nur die KEV beantragt werden. Es bleibt den Beziehern der KEV überlassen, welchen Anteil der produzierten Energie sie selbst verbrauchen oder ins Netz einspeisen wollen.

Seit Mai 2014 gibt es zudem eine vereinfachte Baubewilligung für PV-Anlagen. In Bau- und Landwirtschaftszonen brauchen Solaranlagen auf Dächern grundsätzlich keine Baubewilligung mehr, sondern sind bloss noch einer Meldepflicht unterstellt. In den anderen Zonen sind nach Raumplanungsgesetz Art. 32a «genügend angepasste» Anlagen von der Baubewilligung befreit. Lediglich für Kulturdenkmäler besteht nach wie vor Bewilligungspflicht. 

Diese Änderungen machen die Planung von Solaranlagen einfacher und schneller, ihr Betrieb wird lukrativer. Die Auseinandersetzung mit den Möglichkeiten und Problemen bei der Planung von Solaranlagen ist daher für viele Gewerke im Baubereich unausweichlich. 

Neue Möglichkeiten, neue Herausforderungen 

Photovoltaikmodule können abgesehen vom Dach auch an der Fassade angebracht werden. Besonders geeignet sind Ost- und Westfassaden, die das Licht der tief stehenden Sonne nutzen. Der Leistungsverlauf der Anlage über einen Tag ist damit ausgeglichener als bei ausschliesslicher Nutzung nach Süden orientierter Flächen, die zu Mittag extreme Leistungsspitzen bedingen. Wo im konkreten Bauvorhaben die Photovoltaikanlage am besten platziert werden sollte, hängt aber auch vom Energiebedarfsverlauf und von architektonischen Fragestellungen ab. 

Ziel jeder Planung ist es, den Nutzern des Gebäudes möglichst hohen Komfort zu bieten. Das betrifft nicht nur den Wohnbau, sondern auch Zweckbauten, da der ­Komfort die Produktivität stark beeinflusst. Tageslicht ist ein wesentlicher Faktor für den Nutzerkomfort. Ein hoher Glasanteil, wie er zum Beispiel im Verwaltungsbau Standard ist, lässt aber nicht nur viel Tageslicht in die Räume, auch der solare Wärmeeintrag ist hoch.

Blendung und Kühllast sollten möglichst gering gehalten werden, ohne das Tageslicht durch Kunstlicht ersetzen zu müssen. Fassadengestalter und Architekt müssen eng mit dem Gebäudetechnikplaner zusammenarbeiten, um all diesen Anforderungen gerecht werden zu können. Im Bestfall kann das interdisziplinäre Team dann die Produktion von erneuerbaren Energien in ihre Lösung miteinbeziehen, wie unter anderem das SwissTech Convention Center in Lausanne veranschaulicht. 

Gebäudetechniker stehen noch vor einer weiteren Herausforderung, was die solare Planung betrifft. Die solare Energiegewinnung war bis dato im Bereich der thermischen Solarnutzung für Heizung und Warmwasser stark vertreten. Die fallenden Preise der Photovoltaik machen die Erzeugung elektrischer Energie durch die Sonne zunehmend attraktiver. Nachdem die beiden Systeme die gleichen Flächen nutzen, kann es nun dazu kommen, dass die Solarthermie von der Photovoltaik verdrängt wird. Energie- und HLK-Ingenieure sind daher gefordert, die jeweils sinnvollste und wirtschaftlichste Lösung für die Nutzung erneuerbarer Energien zu finden. 

Gegenseitiges Verständnis

Thermische und elektrische gebäudeintegrierte Solaranlagen sind für die Energiezukunft der Schweiz unerlässlich. Wenn Bauherr, Architekt, Fassaden- und Gebäudetechnikplaner im integralen Ansatz ­zusammenarbeiten, können sie in pragmatischer und ästhetisch ansprechender Weise den Primär­energiebedarf einer Immobilie auf ein Minimum senken. 

Die SIA-BGT-Jahrestagung am 23.9.2014 befasst sich unter dem Titel «Die Sonne in der Planung» mit Energiekonzepten aus Sicht der verschiedenen Gewerke. 

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