Be­geg­nung der an­de­ren Art

Unvorhergesehenes

Publikationsdatum
06-10-2016
Revision
23-11-2016

Häufig gehe ich vom Zürcher Hauptbahnhof der Sihl ­entlang zur Arbeit. Ab der Kaserne wirkt das Ufer weitgehend natürlich. Hohes Gras, Brombeer­hecken, Reiher und murmelndes Wasser bilden einen denkbar grossen Gegensatz zum urbanen Kreis 1 nur wenige Meter oberhalb.
Mir gefällt, dass ich hier morgens allein unterwegs bin. Auch dass der Weg ein bisschen abenteuerlich ist, finde ich anregend: An den Abgängen machen Tafeln darauf aufmerksam, dass man den Ort auf eigene Gefahr betritt – auf der Risikokarte liegt er im dunkelroten Hochwasserbereich. Bei nassem Wetter ist der Pfad matschig, und nach einigen Sonnentagen wird das Gras, durch das er führt, dürr und kratzig.
Kürzlich musste ich mir den Weg durch Haufen von abgeschnittenem Gras bahnen. Nach einer Weile sah ich die Verursacher: zwei Männer mit schweren Motormähern. Einer erklärte mir, für diesen Raum sei das Awel zuständig.
Leider habe ich vergessen, ihn zu fragen, wie sie ihre Maschinen die steile Böschung hinunterbringen. Seilen sie sie ab wie Bergbauern auf der Alp? Dann wäre der Gegensatz vielleicht gar nicht so gross: oben elegante Banker, die sonntags Bergläufe machen, unten Arbeiter in Bergschuhen, die alpine Methoden ins Bankenviertel bringen … Die Wege kreuzen sich.

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