Bau­dy­na­mik­preis an Ehr­fried Kölz

Ehrfried Kölz hat am 13. November 2013 den diesjähri-gen Innovationspreis der Stiftung für Baudynamik und Erdbebeningenieurwesen erhalten. Damit wird sein entscheidender Beitrag zum risikobasierten Verfahren des pionierhaften Merkblatts SIA 2018 gewürdigt, mit dem sich die Erdbebensicherheit bestehender Gebäude beurteilen lässt.

Publikationsdatum
15-11-2013
Revision
30-10-2015

Ein starkes Erdbeben kann eine ganze Region lahmlegen – auch in der Schweiz. Träte das Basler Beben von 1356 heute auf, so ­wären Hunderte von Toten, noch viel mehr Verletzte sowie Schäden an Gebäuden und Infrastruktur in der Grössenordnung von 60 bis 80 Milliarden Franken zu erwarten. Dazu kämen wirtschaftliche Folgeschäden wegen weiträumiger Produktionsausfälle in ähnlicher Dimension. Das Erdbebenrisiko ist aus zwei Blickwinkeln zu betrachten, vom einzelnen Individuum und von der Gesellschaft aus; dementsprechend wird vom individuellen und vom volkswirtschaftlichen Risiko gesprochen. 

Sowohl neue als auch bestehende Gebäude müssen auf jeden Fall die Bedingungen zur Beschränkung des individuellen Risikos er­füllen. Aus volkswirtschaftlicher Sicht ist es aber sinnvoll, neue Gebäude auf ein höheres Sicherheitsniveau auszulegen, weil dies mit sehr geringen Zusatzkosten möglich ist, in der Regel mit weniger als 1% der Baukosten. Bei bestehenden Gebäuden hingegen kann das nachträgliche Erreichen eines höheren Sicherheitsniveaus hohe Kosten verursachen, die sich nur rechtfertigen, solange sie in einem vernünftigen Verhältnis zur erzielten Risikoreduktion stehen. Dies ist oft nicht der Fall. 

Beurteilung der Kosten

Ehrfried Kölz hat für das Merkblatt SIA 2018 ein innovatives, risikobasiertes Verfahren entwickelt, mit dem beurteilt werden kann, ob die Kosten einer Erdbebenertüchtigung «verhältnismässig» sind. Dieses Verfahren leitete er aus seinen Forschungsarbeiten am Institut für Baustatik und Konstruktion der ETH Zürich ab. Grundlagen waren die Ideen und Konzepte, die dort von Professor Jörg Schneider entwickelt worden waren. Der Umgang mit Unschärfen und darauf aufbauend das Entscheiden unter Berücksichtigung des vorhandenen Risikos waren Kernthemen der Forschung am Lehrstuhl von Jörg Schneider. Ziel war immer, die zur Verfügung stehenden Ressourcen dort einzusetzen, wo sie am meisten nutzen bzw. die grösste Risikoreduktion versprechen. Dabei stellen die sogenannten Rettungskosten einen entscheidenden Parameter zur Beurteilung der einzelnen Handlungsalternativen und der Verhältnismässigkeit dar. 

Zwei Welten zusammengeführt

Das innovative Verfahren des Merkblatts SIA 2018 hat sich in der Praxis sehr bewährt und innert kurzer Zeit durchgesetzt; auch international wurde es stark beachtet. Ehrfried Kölz ist es gelungen, zwei Welten – die probabilistische Sichtweise der Risikoanalytiker und die deterministische Arbeitsweise der Erdbebeningenieure – in bemerkenswert pragmatischer Weise zusammenzuführen. Für dieses grosse Verdienst wird er mit dem Innovationspreis Baudynamik ausgezeichnet. 

Ehrfried Kölz

Ehrfried Kölz, in Klagenfurt (A) aufgewachsen, studierte von 1987 bis 1990 Betriebswirtschaft an den Universitäten Klagenfurt und Graz. 1991 begann er ein Bauingenieurstudium an der ETH Zürich, das er 1996 als dipl. Bauing. ETH abschloss. Von 1996 bis 2000 war er wissenschaftlicher Mitarbeiter von Professor Jörg Schneider am Institut für Baustatik und Konstruktion der ETH Zürich sowie am Collegium Helveticum der ETH Zürich. Um die dort erworbene Denkweise von der Forschung in die reale Ingenieurwelt zu übertragen, gründete Ehrfried Kölz 1999 zusammen mit Kollegen das Beratungsbüro Risk & Safety AG in Aarau. Im Zentrum der Tätigkeiten steht, die Prioritäten in einem Umfeld von steigenden Sicherheitsanforderungen und knapper werdenden Ressourcen richtig zu setzen.

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