Bern mo­de­rat mo­dern

Besucher der Stadt Bern interessieren sich vorab für die Kernstadt mit ihren Lauben, für den Bärengraben und gelegentlich für das Zentrum Paul Klee am Stadtrand. Ein neues Buch zeigt nun fast vergessene Perlen der Moderne.

Date de publication
22-06-2021

Kommt man mit dem Zug aus Richtung Zürich in Bern an, ist bereits kurz vor der Fahrt über den Lorraineviadukt auf der linken Seite die Gewerbeschule zu sehen, ein 1937–1939 nach den Plänen von Hans Brechbühler im Geiste von Le Corbusier erstelltes Gebäude. Rechts, am gegenüberliegenden Aareufer steht die markante Baugruppe der geschwungenen Hallerhäuser aus den Jahren 1932–1935.

Die Moderne der 1920er- und 1930er-Jahre hat durchaus auch Spuren in der Stadt Bern hinterlassen, nicht allein mit den genannten Bauten und dem bekannten Suvahaus von Otto Rudolf Salvisberg, das schwungvoll die Kreuzung Seiler- und Laupenstrasse markiert, sondern auch mit kleineren, weniger spektakulären Bauten in den Quartieren. Der Publizist Markus Jakob hat mit Spaziergängen durch Bern rund um die Altstadt in den Aussenquartieren einige architektonische Perlen aufgespürt.

Sie gehören zu der zurückhaltenden Moderne, die ab den späten 1920er-Jahren im Berner Städtebau auftauchte – Wohnhäuser deren Auftritt unaufdringlich wirkt, die aber eine gewisse Noblesse und Urbanität ausstrahlen, die nach 1940 verloren gegangen ist. Diese Architektur prägt im Kleinen das Stadtbild und Quartiere, wurde aber bisher noch nie näher untersucht.

Eine Berner Moderne?

Es sind mehr als dreissig Häuser, die Jakob begleitet von den Fotografen Thomas Telley und Adrian Scheidegger im lesenswerten Buch «bern modern» dokumentiert hat – im Breitenrain, im Kirchenfeld, im Mattenhof, in der Länggasse und anderswo. Markus Jakobs hat zudem mit Architekt Yorick Ringeisen (bauart) und Architekturhistoriker Dieter Schnell (Uni Bern) gesprochen und korrespondiert, der Kunsthistoriker und ehemalige Leiter der Kunsthalle Bern Ulrich Loock hat einen Beitrag über die damalige Kunstszene verfasst.

Markus Jakob hält fest: diese Häuser haben einen Kompromiss zwischen der resoluten, wenn nicht absolutistischen Moderne und dem rückwärtsgewandten Bauen gefunden. Es geht Markus Jakob um weitgehend in Vergessenheit geratene Architekten wie Hans Weiss, Scherler & Berger, Sinner & Beyeler usw. Und er fragt, ob es vielleicht sogar eine spezifisch bernische, weil unangestrengt sanfte Moderne gab. Das handliche Buch ist unterhaltsam zu lesen und wartet mit ungewöhnlich gestalteten Bildern auf – es ist ein unverzichtbarer Augenöffner für die versteckten architektonischen Perlen der Stadt Bern.

Angaben zur Publikation

Ralph Gentner, Markus Jakob (Hg.): Bern modern. Wohnbauten der 1920er- und 1930er-Jahre in den Berner Quartieren. Scheidegger & Spiess, Zürich, 2020. 136 Seiten, Broschur, 16.5 × 24 cm, 51 farb. Abb., 978-3-85881-635-1, Fr. 29.–

 

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