«Der SIA soll die Stif­tung als Echo­raum nut­zen»

Im Februar 2020 wurde unter Mitwirkung des SIA die Stiftung Baukultur Schweiz gegründet. Enrico Slongo, Stadtarchitekt von Fribourg und Stiftungspräsident, gibt Auskunft über Ziele, Hintergründe und Aktivitäten der neuen Stiftung.

Date de publication
26-08-2020

SIA: Herr Slongo, was sind die Ziele der Stiftung Baukultur Schweiz?

Enrico Slongo: Im Dialog zwischen öffentlicher Hand, Zivilgesellschaft, Wirtschaft sowie Lehre und Forschung engagiert sich die Stiftung für identitätsstiftende und zukunftsfähige Räume. Politisch unabhängig und neutral, garantiert die Stiftung dank hoher Vernetzung und fachlichem Know-how das Vorantreiben des baukulturellen Dis­kurses.
Es geht darum, Lebensqualität für eine sich verändernde Schweiz zu sichern und den Dialog zu führen, denn Baukultur befasst sich mit dem gesamten gestalteten Lebensraum und lebt von der Auseinandersetzung aller Beteiligten. Gerade im Hinblick auf Herausforderungen wie Ressourceneffizienz, Innenentwicklung und die damit verbundenen techno­logischen Entwicklungen gewinnt die Baukultur an Bedeutung.


SIA: Wie möchten Sie diese Ziele erreichen?

Enrico Slongo: Erfreulicherweise engagieren sich sämtliche Organe des Stiftungsrats, abgesehen vom professionellen Sekretariat, ehrenamtlich. Die dadurch entstandene Dynamik bereitet allen Freude.
Aktuell sind wir daran, Mitglieder für einen Fachbeirat zu rekrutieren. Diese sollen die Arbeitsgruppen der einzelnen Stiftungsräte ergänzen und die gewonnenen Erkenntnisse vertiefen. Der Fachbeirat und fünf Arbeitsgruppen werden sich mit den mannigfaltigen Aspekten der Baukultur auseinandersetzen.
Der strategische Fokus der Stiftung liegt erstens auf Prozessen und Verfahren, die zu hoher Baukultur führen, zweitens auf der Definition von Schwerpunktthemen und der Durchführung entsprechender Veranstaltungen und drittens auf der Initiierung und Unterstützung von Projekten und Prozessen mit Modellcharakter.
Zurzeit sind die finanziellen Mittel der Stiftung noch beschränkt. Wir sind jedoch sicher, dass mit den geleisteten Aktivitäten und dem ehrenamtlichen Engagement finanzielle Zuwendungen erfolgen werden. Leider ist die Stiftung noch nicht in der Lage, Mittel für andere Projekte zu gewähren.
 

SIA: Die Stiftung verfügt über geringe Mittel. Zugleich gibt es bereits viele Akteure im Bereich Baukultur. Macht die Gründung einer Stiftung vor diesem Hintergrund Sinn?

Enrico Slongo: Es ist richtig: Wir stehen noch am Anfang mit unserer Stiftung. Sie ist aber schweizweit nach meinem Wissen die einzige und erste, die versucht, nationale Akteure aus der öffentlichen Hand, Zivilgesellschaft, Wirtschaft sowie Lehre und Forschung in dieser Form zu vereinen.
 

SIA: Gibt es Vorbilder für die Stiftung Baukultur Schweiz?

Enrico Slongo: Ja. Mit Blick über unsere Landesgrenze hinaus haben wir festgestellt, dass in Deutschland und Österreich ähnliche Bestrebungen laufen. Sie unterscheiden sich insofern von uns, dass wir mehrheitlich von der Privatwirtschaft sowie von der öffentlichen Hand finanziert sind. Diesen direkten Einbezug der Wirtschaft sehen wir als USP.
Ein Erfolgs­faktor ist sicher auch, dass die Stiftung unternehmerisch geführt wird. Wir zwingen uns, kurze, effiziente Entscheidungswege einzuhalten. In der Schweiz gibt es weitere Organisationen und Stiftungen, die sich der Baukultur annehmen.
Wir sehen all diese Engagements als komplementäre und wichtige Arbeiten. Dabei kann ich mir durchaus vorstellen, dass in Zukunft Synergien genutzt werden können.
 

SIA: Wer steht hinter der Stiftung?

Enrico Slongo: Die Idee, eine Dialogplattform mit der Wirtschaft zu etablieren, entstand am Anlass «Baukultur und Verdichtung» des Vereins Green Building in Bern. Das Bundesamt für Kultur genehmigte einen entsprechenden Antrag zur Anschubfinanzierung einer Stiftung. Das Stiftungskapital wurde von der Kibag AG sowie von der Burkhalter AG gezeichnet. Bereits in der Gründungsphase haben sich eine Reihe von Partnern für eine mehrjährige finanzielle Unterstützung verpflichtet.
Personell ist die Stiftung wie folgt zusammengesetzt: Das Vizepräsidium teilen sich Lukas Bühlmann (ehem. Direktor des Raumplanungsverbands EspaceSuisse) und der Bau- und Immo­bilienunternehmer Balz Halter (VRP Halter AG). Komplettiert wird der zwölfköpfige Stiftungsrat durch die Direktorin des Schwei­zerischen Städteverbands (SSV) Renate Amstutz, ETH-Professor Tom Avermaete, Architekt Markus Burkhalter, den Präsidenten des Schweizerischen Ingenieur- und Architektenvereins (SIA) Stefan Cadosch, den Geschäftsführer des Schweizer Heimatschutzes Stefan Kunz, die Präsidentin des Bundes der Schweizer Architekten (BSA) Ludovica Molo sowie Valentin Müller, CEO UTO Real Estate Management, die oberste Genfer Kantonsplanerin Ariane Widmer Pham und Susanne Zenker, Geschäftsleitungsmitglied der SBB Immobilien und Leiterin Deve­lopment. Als Sekretär der Stiftung amtet Rechtsanwalt Peter Burkhalter, der auch die Geschäfts­stelle führt. Präsidiert wird die Stiftung von mir. Ich arbeite als Stadtarchitekt von Fribourg.
 

SIA: Wie sehen Sie die Rolle des SIA innerhalb der Stiftung?

Enrico Slongo: Der SIA hat in der Stiftung eine wichtige Rolle. Zum einen hat er mit dem Dialoggefäss «Runder Tisch Baukultur» einen grossen Anteil daran gehabt, dass in der Schweiz eine Diskussion über Baukultur in Gang gekommen ist und dass das Bundesamt für Kultur, auf Basis der Deklaration von Davos 2018 im Vorfeld des WEF, die Stiftung für die Baukultur in der Schweiz unterstützt.
Zum anderen ist der SIA als Verband mit seinem Präsidenten in der Stiftung direkt eingebunden. Ich wünsche mir, dass der SIA unsere Stiftung als Echoraum nutzt und wir mit unseren Aktivitäten den SIA als eine Art Thinktank bereichern. Gerade die Präsenz aus Wirtschaft, Verbänden, öffentlicher Hand, Lehre und Forschung im Stiftungsrat und später in den Beiräten kann für den SIA eine interessante Inspirationsquelle sein. Weiter bringt der SIA fachliches Know-how in die Stiftung ein.


SIA: Ab wann dürfen wir uns auf konkrete Aktivitäten der Stiftung freuen?

Enrico Slongo: Wir haben uns zum Ziel gesetzt, nach jeder Stiftungsratssitzung über unsere Aktivitäten zu informieren. Sichtbar für alle Interessierten werden wir in der zweiten Jahreshälfte 2021 mit einer Tagung zur Baukultur. Vorher werden wir sicher mit weiteren Themen aktiv, die es aktuell in der Entwurfsphase im Stiftungsrat zu konsolidieren gilt.
Anlässlich der Stiftungsratssitzung vom 11. September 2020 werden wir weitere Aktivitäten kommunizieren. Zurzeit prüfen wir eine Zusammenarbeit mit Hochschulen, wobei die ETH als Teil der Stiftung unser Wunschpartner ist.

www.stiftung-baukultur.ch

 

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