Sekundarschule Dübendorf: Bespielbare Mitte
Gesamtleistungsstudienauftrag Neubau Schulhaus und Doppelturnhalle
Das Projekt des Siegerteams Steiner + Stutz Bolt Partner Architekten schafft durch die Auseinandersetzung mit Erschliessung, Raum und Konstruktion präzise Räume für verschiedene Lernformen.
Die Schulanlage Dübendorf-Schwerzenbach setzt sich aus Bauten unterschiedlicher Bauzeit zusammen, die durch abwechslungsreiche Aussenräume miteinander verbunden sind. Wie mancherorts laden die raumgreifenden Bebauungsstrukturen, bestehend aus Einzelbauten mitsamt gedeckten, die Gebäude verbindenden Wege, zu einer gezielten Verdichtung ein. Da das Gebäude Grüze 5 saniert werden müsste, den pädagogischen Standards jedoch nicht mehr entspricht, soll es einem Ersatzneubau weichen.
Der Bevölkerungszuwachs und der Anstieg der Anzahl schulpflichtiger Kinder bedingen zudem eine auch öffentlich nutzbare Doppelturnhalle sowie zusätzlichen Schulraum für die Sekundarstufe. Nach einer Machbarkeitsstudie veranstaltete die Schulpflege der Sekundarschule einen Gesamtleistungsstudienauftrag mit Präqualifikation und Zwischenkritik, von dem sie sich eine hochwertige und wirtschaftliche Lösung verspricht. In einem selektiven Verfahren wurden fünf Team, bestehend aus TU, Architekt, Landschaftsarchitekt, Bauingenieur und Gebäudetechnikplaner, ausgewählt.
Konstruktion und Raum
Auf schmalem Raum zwischen den Bestandsbauten arbeiteten alle Teams an einer Nutzungsüberlagerung von Erschliessungs- und Lernräumen, indem sie das Innere der voluminösen Baukörper mit unterschiedlich proportionierten Atrien, Lichthöfen oder Aussenklassenzimmern gliedern und belichten. Die beiden Projekte der Endrunde schaffen kompakte Baukörper, die eine neue Mitte entstehen lassen und den Landschaftsraum durch Vor- und Zwischenräume gliedern.
Ihre Architektur könnte unterschiedlicher nicht sein – scheint sich das dreigeschossige Siegerprojekt von Stutz Bolt Partner mit seinen mit Klinkerplatten verkleideten Brüstungsbändern an der Material- und Farbgebung der Bestandsgebäude zu orientieren, so hebt sich das viergeschossige Projekt von Fischer Architekten mit seiner begrünten Holzfassade dezidiert von diesen ab. Beide Projekte zeichnen sich durch ihr klares Verhältnis von Konstruktion und Raum aus, das auch in Zukunft Anpassungen an neue pädagogische Konzepte ermöglicht.
Mittiges Atrium
Das Siegerteam Steiner + Stutz Bolt Partner Architekten (mit Cadrage Landschaftsarchitekten, Gruner Wepf und Gruner Gruneko) schafft mit seinem Entwurf eine klärende Ordnung der bestehenden Situation, indem es die im Ansatz schon vorhandenen Aussenräume aufwertet: Ein mit Linden bepflanzter und mit Sitzbänken möblierten Vorplatz an der Grüzenstrasse bildet die neue Adresse, ein weiterer Aufenthaltsraum mit Kirschenhain, Tisch und Brunnen entsteht zwischen Neu- und Bestandsbau, weitere kleine Spielflächen und «Heckenzimmer» setzen das bestehende Gewebe von Freiraum und Baukörper fort.
Die um zwei Geschosse ins Erdreich versenkte Doppelturnhalle mit ihrem dreiseitig umlaufenden Fensterband bietet Einblicke und macht die öffentliche Funktion von aussen ablesbar. Der übereck, unter dem bestehenden Verbindungsgang liegende Eingang des Neubaus trennt die Sport- und Schulnutzung mittels zweier Treppen.
Der weite durch zwei doppelgeschossige Stahlfachwerke überspannte Hallenraum wird zum Ausgangspunkt der räumlichen Gliederung der beiden darüber liegenden Schulgeschosse. Die einläufige Treppe ist so angeordnet, dass ein mittiges Atrium mit aufgesetztem Oblicht freigespielt wird, das auch dank der beiden Fluchttreppen einen wohlproportionierten Mehrzweckraum im ersten Obergeschoss schafft. Neben seiner Funktion als Erschliessungs- und Begegnungsraum sind unterschiedliche Möblierungen für Gruppenarbeit, Ausstellungen und Präsentationen möglich. Um dieses Zentrum gliedern sich die Schulräume mit ihren zurückversetzten, gepaarten Gruppenräumen. Über Oberlichtbänder und raumhohe Verglasungen sind Belichtungs- und Blickbeziehungen über die Räume hinweg und in den Aussenraum möglich. Der lichtdurchflutete, entmaterialisiert erscheinende Innenraum wird durch den roten Klinkerbodenbelag geerdet.
Mäandrierender Weg
Auch das Team Marti + Fischer Architekten (mit Klötzli Friedli Landschaftsarchitekten, Basler & Hofmann und Gruenberg + Partner) schafft einen Raum der Ankunft an der Grüzenstrasse. Ein Schulpark mit geschwungenen Wegen umfliesst neue und bestehende Bauten; Einzelbäume und Baumgruppen schaffen ein Kontinuum und auch die vorgelagerten Parkplätze sowie die Sportfelder werden in die Parklandschaft integriert.
Die zweigeschossige allseitig sichtbare Eingangshalle wird unter einem neuen filigranen Verbindungsgang erschlossen und orientiert sich in voller Länge zum bestehenden Rasenspielfeld sowie zur um zwei Geschosse versenkten Doppelturnhalle. Eine einläufige Treppe führt hinunter zu den Sporträumen und hinauf zu den Schulräumen.
Betonträger überspannen die Doppelturnhallen; die Stützenstellung des Betonskeletts ermöglicht in den Schulgeschossen eine dreibündige Gliederung – durch die konsequente Trennung in Primär- und Sekundärstruktur können auch offenere Strukturen geschaffen werden. Einläufige Treppen initiieren einen Weg durch die Gebäudemitte von einem zum anderen Gebäudeende; eine aussen liegende Fluchttreppe führt über die begrünten Loggien zurück in den Landschaftsraum. Der mäandrierende Weg spielt zweigeschossige Lern- und Begegnungszonen frei und schafft visuelle Bezüge über alle Geschosse. Die robuste Materialisierung lässt eine anregende Atelieratmosphäre in der Gebäudemitte entstehen, die durch eine Schicht von Schul- und Gruppenräumen umgeben wird.
Der Impuls eines frischen Winds und die «Chance für eine noch nicht bekannte Zukunft,» mit dem die Jury das Projekt charakterisiert rief jedoch gleichzeitig Kontroversen der Angemessenheit im Zusammenhang mit der Gesamtanlage Grüze hervor.
Der Raum als dritter Pädagoge
Das Wettbewerbsprogramm liess bei den fünf Teams typologisch ähnliche Ansätze entstehen. Der Entwurf des Siegerteams meistert die Aufgabe auf sehr klare Weise. Die strukturelle Lösung ermöglicht unterschiedliche Lernräume, die je nach Bedarf miteinander verbunden werden können.
Die Jury sieht die Herausforderung bei der Umsetzung der in den Visualisierungen evozierten Leichtigkeit des Gebäudes. Diese gelte es zu bewältigen; vor allem im Sinn des italienischen Erziehungswissenschaftlers Loris Malaguzzi (1920–1994), der dem Raum – dem dritten Pädagogen neben Schülern und Lehrern – eine verantwortungsvolle Aufgabe zukommen lässt.
Weitere Pläne und Bilder zu diesem Projekt finden Sie auf competitions.espazium.ch