Ver­bin­dende Sche­ren erhal­ten Eh­ren

2. Building-Award

Zwischen der Vielzahl zukünftiger Aufgaben und dem Mangel an Nachwuchs im Bauwesen klafft eine Schere. Mit der Auszeichnung einer pfiffigen Konstruktion durch den 2. Building-Award möchten die ­Veranstalter diese Diskrepanz zukünftig ein Stück weit schliessen.

Date de publication
22-06-2017
Revision
30-06-2017

Als Sitz des Inter­nationalen Komitees vom Roten Kreuz und des früheren Völkerbunds hat Genf hat einige Erfahrung im «Verbinden». Eine kleine, mobile Fussgängerbrücke verbindet seit Neuestem eines der Wahrzeichen der Stadt – den Jet d’Eau – auf raffinierte Weise mit der Stadt. Ausgerechnet eine Scherenkonstruktion macht dies möglich. Die neue Brücke, die pa­r­al­lel neben einer bestehenden Bogenkonstruktion liegt, ermöglicht im abgesenkten Zustand einen barriere­freien Zugang zur Wasserfontäne auf der Mole des Hafens. Um auch den Booten eine Passage zu ermöglichen, kann sich die Sche­ren­kon­struktion aufstellen. Der Brückenboden bildet dabei Stufen, ­sodass zumindest Fussgänger gleich­zeitig mit Booten kreuzen können.

Erfolgreiche Kreuzung

Der Jury des 2. Building-Awards war diese originelle Lösung des uralten Problems der Kreuzung zweier Verkehrswege sowohl den Sieg in der Kategorie Infrastrukturbau als auch den Gesamtpreis wert. Die Idee des Building-Awards, Ingenieurleistungen in der Öffentlichkeit besser wahrnehmbar zu machen, ihnen einen gebührenden Stellenwert zukommen zu lassen und junge Menschen für eine Ingenieurkar­riere zu begeistern, wird durch das Projekt ausgeprägt verkörpert. Lässt die Umsetzung der Brücke doch nicht nur die trockene Theorie erahnen, die solch ein Bauwerk erfordert, sondern auch eine gewisse spielerische Leichtigkeit und die Lust am Austüfteln von Problemlösungen erkennen. (Anm. der Redaktion: Das Projekt wird im Buch «Schweizer Ingenieurbaukunst 2015/2016» ausführlich vorgestellt.)

Hochkarätige Konkurrenz

Der Gesamtsieger musste sich letzten Endes gegen sieben Projekte, die jeweils als Kategoriensieger hervorgingen, durchsetzen. Insgesamt waren 19 von 36 eingereichten Projekten nominiert gewesen, eine hoch­karätige Konkurrenz verschiedenster Ausrichtungen für den Gewinner.

Die sehr hohe Qualität der eingegebenen Projekte, die innovativen Ideen der Lösungsfindung und deren oftmals überraschende Umsetzung machten die Arbeit der Jury nicht leicht. Letztlich gaben der Zweck und die Zielsetzungen des Building-Awards den Ausschlag für die Wahl des Gesamtsiegers.

Building bildet Branche ab

Die gemeinnützige Stiftung bilding, die mit den Trägerverbänden des Building-Awards, der Schweizerischen Vereinigung Beratender Ingenieurunternehmungen usic, Infra Suisse und dem Schweizerischen Baumeisterverband SBV als Veranstalterin der Preisverleihung auftritt, hat sich die Nachwuchsförderung auf die Fahnen geschrieben. Die Stiftung möchte jungen Menschen die Fasziniation der Ingenieur­berufe vermitteln. Ein Aushängeschild für ­diese Zielsetzung ist der Building-­Award. Die Auszeichnung heraus­ra­gender Arbeiten rückt die Leistun­gen der Ingenieure, die ihre Aufgaben oftmals im Hintergrund erledigen, ins Licht der Öffentlichkeit. So wird der gesell­schaftli­che Wert der Ingenieurarbeit greifbar und gleichzeitig die Viel­fältigkeit der Aufgaben sichtbar. 

Der heutige Ingenieur ist eben nicht nur ein «Rechenknecht», vielmehr ist er eine Schlüsselfigur am Bau. Stets befindet er sich im Spannungsfeld zwischen Funktionalität, Kosten und zeitgerechter Umsetzung seines Projekts. Bei Grossprojekten kommt oft noch die wichtige Funktion als Vermittler hinzu: Die heutzutage gut informierte Öffent­lich­keit steht Planungen von oben herab durchaus kritisch gegenüber. Hier sind Ingenieure gefragt, die die technischen Hintergründe an den Mann respek­tive die Frau bringen können. Ein breites Perspektivenfeld also für angehende Techniker. 

Die Vielfalt der Nominierten beim diesjährigen Building-Award zeigt, dass die eingeschlagene Richtung und Zielsetzung der Stiftung bilding erfolgsversprechend ist. «Als un­­ab­hängige Stiftung betonen wir mit unseren Trägerverbänden die vielfältigen Chancen der Ingenieur­­berufe am Bau. Dies gelingt über fesselnde Erfolgsgeschichten und durch Vorbilder. Das schlägt Brücken zum Nachwuchs und schafft Identifikation», so Urs von Arx, der Initiator der Stiftung bilding. Vielleicht schlägt die Brücke zum Jet d'Eau also beim interessierten Nachwuchs ein.

Kategoriensieger
 

Hochbau
Elbphilharmonie Hamburg (vgl. TEC21 12/2017)
 

Infrastrukturbau
Neue mobile Fussgängerbrücke am Genfer Jet d’Eau (vgl. TEC21 24–25/2017)
 

Energie- und Gebäude­technik
Neubau Biomassenzentrale ­Coop-Grossbäckerei
 

Forschung und Entwicklung
Arch_Tec_Lab, ETH Zürich (vgl. TEC21-Sonderheft Arch_Tec_Lab 2016)
 

Young Professionals
Bühnenbedachung NON-Open Air
 

Nachwuchsförderung
Stiftung tunSchweiz.ch
 

Die Liste der nominierten Projekte findet sich hier.

Jury
 

René Hüsler, Direktor Hochschule Luzern – Informatik, Rotkreuz (Jurypräsident);

Adrian Altenburger, Leiter Energie- & Gebäudetechnik Hochschule Luzern – Technik & Architektur, Horw, Vizepräsident SIA;

Daniel Büchel, Vizedirektor BFE, Leiter Abteilung Energieeffizienz und Erneuerbare Energien, Bern;

Stefan Cadosch, Cadosch & Zimmermann Architekten ETH/SIA, Zürich, Präsident SIA;

Thomas Fischer, Leiter Bereich Building Technologies Südeuropa, Siemens Schweiz, Zürich;

Mario Fontana, Professor am Institut für Baustatik und Kon­struktion, ETH Zürich;

Patrick Hofer-Noser, Präsident Cleantech, Switzerland, Meyer Burger Technology, Thun;

Gian-Luca Lardi, CEO CSC Impresa Costruzioni, Lugano, Zentralpräsident Schweizerischer Baumeisterverband;

Daniel Löhr, Vizepräsident Swiss Engineering, Engineering Management Selection, Zürich;

Urs Rieder, Vizedirektor, Leiter Master & Bachelor, Hochschule Luzern – Technik & Architektur, Horw;

Markus Romani, Studiengangleiter Bachelor Bau, Berner Fachhochschule, Burg­dorf;

Judit Solt, dipl. Architektin ETH, Fachjournalistin BR, Chefredaktorin TEC21, Zürich;

Peter Wellauer, Leiter Marketing und Technischer Support, Holcim (Schweiz), Zürich

 

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