SIA: Po­ten­zi­al in­län­di­sche Ar­beits­kräf­te

Die schweizerische Bau- und Planungsbranche ist auch künftig auf ausländische Fachkräfte angewiesen – so das Ergebnis einer SIA-Befragung zur Masseneinwanderungsinitiative. Der SIA appelliert an die Branche, zugleich das Reservoir inländischer Fachkräfte zu aktivieren.

Publikationsdatum
11-09-2014
Revision
05-11-2015

Die Schweizer Bevölkerung hat am 9. Februar 2014 die Volksinitiative «Gegen Masseneinwanderung» angenommen. Damit hat sie sich für einen Systemwechsel in der Zuwanderungspolitik ausgesprochen: Das im Juni vom Bundesrat zur Umsetzung der Initiative präsentierte Modell sieht vor, dass vom Bund ab 2017 wieder Höchstzahlen und Kontingente für die Ausländerzuwanderung festgelegt werden. Dabei sollen auf Kantonsebene Indikatoren aus Wirtschaft und Arbeitsmarkt berücksichtigt werden. Der SIA nahm den Kurswechsel in der Migrationspolitik zum Anlass, Firmenmitglieder zur Initiative und ihren Konsequenzen zu befragen.  

Planer mehrheitlich gegen Initiative

Dazu wurden im Juni insgesamt 2017 Firmenmitglieder angeschrieben; 314 von ihnen (rund 15%) haben die Fragen beantwortet. Eine Mehrzahl der Büros bewertet das Abstimmungsergebnis negativ: Rund 60% sehen Nachteile, und nur 4% können der neuen Ausgangslage Positives abgewinnen. Mit immerhin 36% steht gut ein Drittel dem Resultat neutral gegenüber.

Die überwiegend ablehnende Haltung zur Initiative deckt sich mit den Ergebnissen der im Auftrag des SIA durchgeführten Konjunkturerhebungen: Die Schweizer Planungsbranche leidet trotz derzeit gedämpfter Konjunkturaussichten unter Fachkräftemangel. Die Unterbesetzung von Architektur- und Ingenieurbüros führt dazu, dass Aufträge nicht oder nicht zum erforderlichen Termin ausgeführt werden können. Mehr als 80% der Büros rekrutieren deshalb ausländische Arbeitskräfte, überwiegend aus den benachbarten EU-Ländern. Mit Blick auf die Konjunkturaussichten ist davon auszugehen, dass der Bedarf an Fachkräften in den kommenden Jahren stabil bleiben bzw. sogar noch anziehen wird.

Rechnet man die aktuellen Daten des Bundesamts für Statistik (BfS) hoch, ist bei konstantem Ausländeranteil von rund 25% für die Deckung des Bedarfs im Architektur- und Ingenieurssektor eine Zuwanderung von jährlich 2200 ausländischen Fachkräften notwendig, konkret von rund 750 Ingenieuren und 1450 Architekten. Zudem schätzen die Befragten den zusätzlichen Bedarf an ausländischen Fachkräften für die nächsten Jahre auf rund 10% jährlich. Extrapoliert auf die nächsten fünf Jahre bedeutet dies – zum Beispiel für 2019 – einen Bedarf von gesamt rund 3500 Personen. 

Qualifikation inländischer Fachkräfte

Angesichts dieser Zahlen spricht sich der SIA für eine massvolle Umsetzung der Zuwanderungsinitiative aus: Eine neue Kontingentpolitik darf nicht dazu führen, dass sich der Fachkräftemangel in der Planungsbranche weiter verschärft und damit eine Schlüsselbranche der Bauwirtschaft ausgebremst wird. Erfolgversprechender als pauschale Zuwanderungsrestriktionen ist es aus Sicht des SIA, neben der kontrollierten Zuwanderung ausländischer Arbeitnehmer die Weiterqualifikation inländischer Fachkräfte wirkungsvoll zu fördern. Hier ist von Berufsverbänden, Politik und Bauwirtschaft echtes Engagement gefordert. Zugleich muss das erhebliche Reservoir von schon in der Branche tätigen, gut qualifizierten Inländern stärker als bisher aktiviert werden. 

Bessere Chancen für Ältere

SIA-Geschäftsführer Hans-Georg Bächtold denkt hier insbesondere an drei Gruppen: weibliche Fachkräfte, Arbeitnehmer über 50 sowie Personen mit höherer Berufsbildung, die sich weiterqualifiziert haben. «Es kann nicht sein, dass ältere Ingenieure oder etwa Frauen nach einer Erziehungspause erhebliche Schwierigkeiten haben, wieder in ihren Beruf einzusteigen, und die Planungsunternehmen vakante Stellen zugleich immer stärker mit ausländischen Bewerbern besetzen», sagt Bächtold. Er möchte die SIA-Mitglieder und die Planungsbranche insgesamt stärker für dieses Thema sensibilisieren. Wichtig sei, dass sich inländische Fachkräfte nicht benachteiligt fühlen. Denn wenn sich wachsende Kreise gut ausgebildeter Arbeitnehmer als Verlierer einer liberalen Einwanderungspolitik sehen, könnte das, so befürchtet Bächtold, in Zukunft weit restriktivere Abstimmungsentscheide provozieren, die am Ende allen Beteiligten schaden.

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