SIA: Neu­es­te Ent­wick­lun­gen in­te­griert

Revision der Mauerwerksnormen SIA 266 und SIA 266/1

Die Normen SIA 266 «Mauerwerk» und SIA 266/1 «Mauerwerk – Ergänzende Festlegungen» von 2003 wurden einer tiefgreifenden fachlichen Revision unterzogen. Seit 1. Juli 2015 sind die geänderten Normen gültig.

Publikationsdatum
20-08-2015
Revision
05-11-2015

Mit den revidierten Normen SIA 266:2015 und SIA 266/1:2015 stehen aktualisierte, in der Praxis gut anwend­bare Normen zur Verfügung, die die Reihe der bereits erschienenen Tragwerksnormen komplettieren. Die Revision soll auch dazu beitragen, die baulichen Potenziale des Mauer­werks besser ausschöpfen zu können. 

Verständigung und Terminologie

In der Norm SIA 266 werden die ­Begriffe «Standardmauerwerk», ­«deklariertes Mauerwerk» und neu «Mauerwerk mit erhöhtem Verformungsvermögen» verwendet. Standardmauerwerk ist Mauerwerk mit normierten mechanischen Eigenschaften, die mit entsprechenden Prüfnormen nachzuweisen sind. Da sich Standardmauerwerk neu auch mit Dünnbettmörtel ausführen lässt, muss noch eine zusätzliche Bedingung erfüllt werden: Ein Biegebruch darf ausschliesslich in der Lagerfuge erfolgen, d. h., die Haftzugfestigkeit zwischen dem Mörtel und dem Stein (in der Lagerfuge) muss kleiner sein als die Zugfestigkeit des Steins. Mit einem Versuch zur Ermittlung der Biegezugfestigkeit eines Mauerwerks lässt sich das nachweisen. 

«Deklariertes Mauerwerk» ist ein Mauerwerk mit spezifischen, von den Herstellern angegebenen Eigenschaften. Sofern bestimmte Mindestanforderungen an Festigkeit und Steifigkeit erfüllt sind, kann grundsätzlich jedes Mauerwerk als deklariertes Mauerwerk angeboten werden. Diese Klassifizierung ermöglicht eine bessere Erfassung der am Markt angebotenen Produkte und erleichtert die Anwendung der Norm bei Neuentwicklungen. Deklariertes Mauerwerk muss neu zusätzlich eine minimale Druckfestigkeit parallel zur Lagerfuge (charakte­ristischer Wert), fyk, von 0.5 N/mm2 aufweisen. 

Neu eingeführt wurde der Begriff «Mauerwerk mit erhöhtem Verformungsvermögen». Diese Art von Mauerwerk ist für alle Bau­werke der Bauwerksklasse III sowie für Bauwerke der Klasse II in Erdbebenzone 3 vorzusehen. Dabei muss das Mauerwerk einen Katalog von Mindestanforderungen erfüllen und er­fordert eine angemessene Verbindung der Wände mit den Decken: Für Mauerwerke mit erhöhtem Ver­formungsvermögen sind Werte der Stockwerksschiefstellung von u ≥ 2.0% zu erreichen und anhand von statisch zyklischen Versuchen an Schubwänden nachzuweisen. Die umhüllende Kraftverformungskurve aus den entsprechenden Versuchen muss einen ausgeprägten nichtlinearen Verlauf aufweisen. 

Baustoffe

Die notwendigen Mauerwerksfestigkeiten für Standardmauerwerk aus Leichtbacksteinen (MBL) und Standardmauerwerk aus Porenbeton­steinen (MP) wurden reduziert. 

Bemessung

Die Nachweise der Tragsicherheit umfassen neu die einfachen und die erweiterten Nachweise. Die erweiterten können mithilfe von Bemessungsdiagrammen oder mithilfe des allgemeinen Vorgehens erbracht werden. Die für den allgemeinen Nachweis bei der Normalkraftbeanspruchung notwendigen Bemessungsdiagramme sind im Anhang A der Norm enthalten. Beim allgemeinen Nachweis der Schubkraftbeanspruchung darf der geneigten Strebe ein vertikales Spannungsfeld überlagert werden. 

Erdbeben

Für die Bemessungssituation Erdbeben ist neuerdings neben dem kraftbasierten auch das verformungsbasierte Bemessungsverfahren erlaubt. Zudem definierte die Kommission Empfehlungen für die Biege- und Schubsteifigkeitswerte sowie die Werte für den Verhaltensbeiwert q. Neu darf unter bestimmten Bedingungen ein Verhaltensbeiwert q von 2 angewendet werden. Im neuen Anhang B werden für die verformungsbasierte Tragwerksanalyse zusätzliche Informationen gegeben, die die Anwendung erleichtern sollen.

Ergänzungsbauteile

Eine Neuerung im Kapitel 3 betrifft die Lasteinleitungslager und Schalldämmlager – sie werden als Ergänzungsbauteile eingeführt, und entsprechende Anforderungen an sie werden definiert. Weitere Aussagen zur Berücksichtigung von Mauerwerkslagern fanden Eingang in die Kapitel 5 und 6. 

Mauerwerk – Ergänzende Festlegungen

Die Norm SIA 266/1 Mauerwerk – Ergänzende Festlegungen verweist hinsichtlich der Prüfung von Mauerwerk, Mauerwerkskomponenten und der Ergänzungsbauteile auf einschlägige europäische Normen. Da aber in den betreffenden europäischen Normen keine Prüfungen der Mauerwerksdruckfestigkeit senkrecht zu den Stossfugen sowie neu die Prüfung der Druckfestigkeit an einem Dreisteinkörper enthalten sind, werden sie an dieser Stelle festgelegt. 

Der neu eingeführte Versuch zur Bestimmung der Mauerwerksdruckfestigkeit am Dreisteinkörper darf unter bestimmten Voraussetzungen zur Qualitätssicherung bei der Herstellung der Mauerwerkskomponenten angewendet werden. Die Mauerwerksdruckfestigkeit ist weiterhin gemäss SN EN 1052-1 zu bestimmen. Die Kommission entschloss sich, die Prüfung der Steinquerzugfestigkeit aufgrund der nicht mehr ausreichenden Korrelation ihrer Ergebnisse mit der Mauerwerksdruckfestigkeit aus der Norm herauszunehmen. 

Die Norm erscheint im August auf Französisch, die italienischen und englischen Fassungen folgen im zweiten Halbjahr 2015. Im Herbst finden zudem Weiterbildungsveranstaltungen zur Einführung der Normen statt. 


Revision der Mauerwerksnormaen SIA 266 UND SIA 266/1

Die Normen SIA 266:2015 Mauerwerk, 56 S., Format A4, broschiert, 135.– Fr, und SIA 266/1 Mauerwerk – Ergänzende Festlegungen, 16 S., Format A4, broschiert, 27.– Fr. sowie alle weiteren Tragwerks­normen sind zu beziehen über www.shop.sia.ch oder per E-Mail an distribution [at] sia.ch

Weiterbildungsangebot

«Die revidierte Norm SIA 266 Mauerwerk – Änderungen und Anwendung anhand von Beispielen»
Anbieter und Kursort: Bau und Wissen, Lindenstrasse 10, 5103 Wildegg
Termine: 22.9.2015 und 24.11.2015, Anmeldung beim Anbieter oder über SIA-Form möglich
Kosten: Firmenmitglieder SIA 425.– Fr., Mitglieder SIA 475.– Fr.,
Nichtmitglieder 555.– Fr.

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