SIA: Kon­se­quen­zen des «Fran­ken-Schocks»

Die überraschende Aufhebung der Euro-Franken-Untergrenze durch die Schweizerische Nationalbank (SNB) von Mitte Januar sorgte für ein geldpolitisches Erdbeben. Wohin steuert die Konjunktur? Und was bedeutet dieses Ereignis für den Projektierungssektor?

Publikationsdatum
13-03-2015
Revision
05-11-2015

Mit grosser Wahrscheinlichkeit wird die massive Aufwertung des Frankens zu einer Verlangsamung des Schweizer Wirtschaftswachstums führen. Die Konjunkturforschungsstelle der ETH Zürich (KOF) sieht für das Sommerhalbjahr 2015 gar eine kurze Rezession auf die Schweiz zu­kommen: Die Exporte dürften in der ersten Hälfte des Jahres stark sinken, die reale Wertschöpfung wird im Tourismus wie auch in den international ausgerichteten Finanzdienstleistungen zurückgehen. Die Arbeitslosenquote könnte auf 3.4% im laufenden Jahr (2014: 3.2%) und auf 4.1% im Jahr 2016 steigen. Die Löhne werden stagnieren, und trotz sinkender Preise wird die Konsumlust zurückgehen. 

Die Autoren des jährlich im Januar erscheinenden Branchenhandbuchs der Credit Suisse (CS) schätzen die Situation allerdings weniger düster ein und betrachten eine Rezession oder gar eine Deflationsspirale als unwahrscheinlich. 

Immobilienboom in der Peripherie

Einigkeit besteht aber unter fast allen Prognostikern, dass die Zinsen in Europa und damit auch in der Schweiz auf unbestimmte Zeit tief bleiben werden. Die Problematik niedriger Zinsen und der damit ­zusammenhängenden Risiken im Immo­biliensektor bleibt also weiterhin bestehen. Die bisherigen Regulierungsmassnahmen scheinen laut einer Untersuchung der KOF die Hypothekarkreditvergabe insgesamt nicht gebremst zu haben: Festgestellt wurde eine Verlagerung der Hypothekarvergabe von privaten Selbstnutzern hin zu professionellen Investoren. Wer die im Baublatt ­publizierten Baugesuche und
-bewilligungen studiert, stellt fest, dass in peripher gelegenen Gegenden rege geplant wird, insbesondere im Bereich Mehrfamilienhäuser. 

Auftragspolster noch immer komfortabel

Die Autoren des Branchenhandbuchs der Credit Suisse gehen davon aus, dass trotz dem SNB-Entscheid das Auftragspolster auch 2015 noch komfortabel sein wird. Dies sei den tiefen Zinsen zuzuschreiben, die auch im kommenden Jahr grosse Anreize für Investitionen gäben. Das erscheint plausibel, denn angesichts des weiterhin bestehenden Anlagedrucks institutioneller Investoren bleiben Immobilien unverändert attraktiv, und es dürfte auch 2015 viel Kapital in die Immobilienmärkte fliessen. Die CS rechnet jedoch für das laufende Jahr nicht mit starkem Wachstum im Projektierungssektor und sieht insbesondere für die Beschäftigung kaum Impulse. 

Die im Januar 2015, also teilweise noch vor dem denkwürdigen SNB-Entscheid erhobene Quartalsumfrage der KOF ergab, dass fast 20% der Architekten von abnehmenden Aufträgen berichten, etwas mehr als 20% dagegen von einer Auftragszunahme. 

Bei den Inge­nieuren ist der Anteil derjenigen, die eine unzureichende Nachfrage beklagen, innerhalb eines Jahres von unter 10%  auf über 20% ge­stiegen. Die nächste KOF-Quar­talserhebung vom Frühling wird mehr Klarheit zur Einschätzung der neuen Situation geben, weshalb wir an dieser Stelle auf eine Dar­stellung der teilweise überholten Resultate verzichten. 

Honorare weiter unter Druck

Der Wettbewerbsdruck im Projektierungssektor ist hoch. Dafür machen die Autoren des CS-Branchenhandbuchs unter anderem den Umstand verantwortlich, dass der Titel «Architekt» keine geschützte Berufsbezeichnung ist; entsprechend tief sind die Eintrittsbarrieren z. B. für ausländische Anbieter von Planerleistungen. So wird verständlich, dass die Honorare unter Druck geraten. Dieser Umstand ist nicht neu. Seit Jahren berichtet die KOF regelmässig von Einschätzungen befragter Planungsbüros, die mit stagnierenden oder gar sinkenden Honoraren rechnen. 

In der KOF-Quartalser­he­bung vom vergangenen Winter ­rechnen rund 35% aller befragten Bauingenieurbüros mit sinkenden Honoraransätzen. Im aktuellen Umfeld wird sich die Problematik der tiefen Honorare kaum verändern, im Gegenteil, das Thema ­Entschädigung und Löhne gewinnt an Bri­sanz. So ist zum Beispiel zu ­er­war­ten, dass – wie in anderen Branchen – auch in Architektur- und Ingenieur­unternehmen die Grenzgänger ihren Lohn zunehmend in Euro ausbezahlt erhalten. 

Tags
Magazine

Verwandte Beiträge