Sa­nie­rung Ha­fen Che­vroux: Set­zun­gen, Al­gen, Se­di­men­te

Mit seinen 1100 Liegeplätzen ist der Hafen von Chevroux (VD) am Südufer des Neuenburgersees der grösste Jachthafen an einem Binnengewässer in Europa. Er wurde 1970 erbaut und zwischen 2018 und 2020 anlässlich der Konzessionserneuerung vollständig saniert. Dabei setzten sich die Planerinnen und Planer intensiv mit der Versandung auseinander.

Publikationsdatum
22-02-2023

Infolge der Juragewässerkorrektion in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts wurde das Südufer des Neuenburgersees an einigen Stellen um mehrere hundert Meter nach Nordwesten «verschoben». Dieses Trockenfallen führte zwar zur Entstehung des Grande-Cariçaie-Biotops, beraubte aber auch Dörfer wie Chevroux des direkten Zugangs zum See. Und das zu einer Zeit, als die Schifffahrt aufgrund fehlender Eisenbahnlinien eine grundlegende Rolle für den Gütertransport in der Drei-Seen-Region spielte. So musste die bestehende Mole um 700 m verlängert werden, um die zum Anlegen der Schiffe notwendige Wassertiefe zu erreichen. Auf der Grundlage dieses Damms wurde 19041 der erste richtige Hafen von Chevroux errichtet und 1970 der heutige Hafen. Dieser umfasst eine zweite Mole im Nordosten, die das Becken abschliesst.

Fünfzig Jahre später ist viel Wasser unter den Pontons hindurchgeflossen und die Alterung des Hafens und seiner Anlagen machte eine umfassende Instandsetzung notwendig. Diese wurde anlässlich des Antrags auf Erneuerung der vom Kanton Waadt erteilten Konzession durchgeführt.2 Da sich der Hafen von Chevroux im Herzen der Grande Cariçaie befindet, wurde das Sanierungsprojekt unter Einbeziehung der regionalen Akteure (Fischer, Verein La Grande Cariçaie, Sportverein, Hafenmeister, etc.) durchgeführt. «Die konstruktiven Gespräche führten zu einer schnellen Erteilung der Baugenehmigungen», betont Bernard Gret, für verantwortliche Ingenieur bei CSD Ingénieurs. Für ihn ist es ein besonders interessantes Projekt, da es so unterschiedliche Themen wie Beton, Stahlbau, Seeströmungen, Hydraulik und sogar Biologie betrifft.

Die Molen sinken ein, das Becken füllt sich

Beide Molen litten unter differentiellen Setzungen und Rissbildungen, da sie in tonig-schluffige Sedimente mit geringer Tragfähigkeit eingesenkt waren. Diese Bauwerke aus Beton und Steinschüttung wurden bei Hochwasser regelmässig überflutet, sodass die angebrachten elektrischen Anlagen ebenfalls unter Wasser gerieten. Die Stahlpontons sowie ihre Pfähle zeigten Anzeichen von Korrosion und einige waren durch Anprälle beschädigt. Das Hafenbecken war fortdauernd versandet, da die Seeströmungen sedimenthaltiges Wasser mit sich führen und die Sedimente sich im ruhigen Wasser des Hafens absetzen. Während die Fahrrinnen regelmässig ausgebaggert wurden, sammelten sich die Sedimente an den Pontons.

Schliesslich mischte sich auch die Vegetation ein: Das Becken hatte ebenfalls mit einem Algenproblem zu kämpfen, das ein regelmässiges Krauten erforderte. Dazu kam, dass durch die Lage des Landungsstegs innerhalb des Jachthafens  die Passagierschiffe der LNM-Schifffahrtsgesellschaft (Société de navigation sur les lacs de Neuchâtel et Morat) bei jeder Durchfahrt den Verkehr durch ein Manöver blockierten.

2500 Pfähle

Die nördliche Mole, die der Grossteil der Freizeitskipper benutzt, wurde verstärkt und mithilfe eines verstellbaren Metallstegs auf die ursprüngliche Höhe gebracht, um die Betonstruktur und die Steinschüttung nicht zu überlasten. Sie wurde ausserdem erweitert, um den Verkehr flüssiger zu gestalten. Sämtliche schwimmenden Stahlpontons, ihre 90 Führungspfähle sowie nicht weniger als 2500 Anlegepfähle aus verzinktem Stahl wurden ausgetauscht. Die neuen Schwimmstege bestehen aus PE-Schwimmkörpern mit PU-Schaumkern, auf denen von nun an die Stromverteilung, die Beleuchtung und die Wasserversorgung integriert sind. Diese Anlagen bewegen sich mit den Schwankungen des Seespiegels und werden somit nicht mehr überflutet. Alle abgebauten Stahlelemente des alten Hafens wurden recycelt.

Ein neuer Landungssteg

Um die durch Setzung und Rissbildung entstandenen Unebenheiten auszugleichen, wurde die Betonoberfläche des Molendamms erhöht und bis zum alten Pumpwerk erneuert. Der vordere Teil wurde auf einer Länge von 15 m abgerissen, um Platz für einen neuen Landungssteg zu schaffen, der dem oben erwähnten Manövrierproblem Abhilfe schafft.

Letzterer ist 114 m lang, 4 m breit und besteht aus einer Brücke und einer Wendeanlage. Die Brücke ist eine Stahlkonstruktion (40 t), die auf 42 in den Sedimenten einvibrierten Pfählen (Länge: 18 bis 35 m; Ø: 0.4 m) gegründet ist und auf der 17 Fertigbetonplatten (Abmessungen: 4 × 6 m; Gewicht: 17 bis 22 t/Stück) liegen. Die Wendeanlage folgt demselben Konstruktionsprinzip, ist aber von einer Prellvorrichtung umringt, an der die LNM-Boote vor allem bei windigen Bedingungen festgemacht werden können.

Verhinderung von Versandung

Die neue Brücke verbirgt ebenfalls eine Spundwand (GU 7N; Länge: 40 m; Fläche: 800 m²), die an die Mole angebaut ist. Sie ist Teil des Konzepts zur Verringerung der Versandung des Hafenbeckens, insbesondere im Bereich der Einfahrt. Denn die für den Hafen schädlichsten Wellen sind unsichtbar: Es sind die Sanddünen, die sich mit der Strömung bewegen. Numerische Simulationen im Rahmen einer Strömungsuntersuchung haben gezeigt, dass die Geometrie der Dämme dazu tendiert, die von Seeströmungen mitgerissenen Sedimente in den Hafen zu leiten. In dieser Hinsicht sind die geradlinige Geometrie des Neuenburgersees und die Topografie seines Südufers besonders ungünstig. Der See ist nämlich auf einer NO-SW-Achse ausgerichtet, also der Achse der vorherrschenden Winde (Westwind und Bise).

Der 38 km lange See bietet einen Fetch3, der bereits die Entwicklung von beträchtlichen Wellen ermöglicht. Ausserdem fällt das Südufer des Sees über mehrere Dutzend bis hundert Meter sehr sanft ab, sodass Wellen und Strömungen grosse Mengen an Sedimenten erodieren und mobilisieren können, insbesondere bei Biswinden. Die Spundwand unter der Brücke der Mole sowie eine Steinschüttung (600 t) am Ende des Norddamms wurden so gestaltet, dass sie diese sedimenthaltige Strömung in Richtung See ablenken, wo schnell eine grosse Tiefe erreicht ist. Der neue Landungssteg ist bis auf Höhe des Gefällewechsels des Unterwasserhangs positioniert. Ergänzend dazu wurden die alten Durchlässe für den Wasserumlauf des Hafens versperrt.

Um Fäulnis im Anlegebecken zu verhindern, wurde am Ende der Mole eine Umwälzpumpe eingebaut. Ihre Durchflussmenge kann von 0 bis 250 l/s eingestellt werden und kann so an die jahreszeitlichen Schwankungen der Wassertemperatur angepasst werden. Das am Ende des Landungsstegs in 3 m Tiefe angebrachte Ansaugsieb fängt kaltes, sedimentfreies Wasser auf und leitet es vor dem Hafen ein, wodurch das Algenwachstum und die Versandung stark reduziert werden. Mit der maximalen Durchflussmenge kann das Wasser im Becken innerhalb einer Woche erneuert werden.

Ausbaggern und Sedimententfernung

Die Sanierung der Hafenanlagen erfolgte über zwei Jahre in zwei Schritten, in denen jeweils in einer Hafenhälfte sämtliche Boote entfernt wurden, um die Wasserfläche für die Maschinen freizugeben. Eine tiefe Ausbaggerung mittels eines Schürfkübelbaggers, vor allem an den Pontons, konnte somit im Zeitraum eines Monats ausgeführt werden. So war es möglich, eine Tiefe von 2.7 m unter dem durchschnittlichen Wasserspiegel zu erreichen und 3500 m³ Sediment auszuheben.

Aufgrund des Abtragens der Antifouling-Farben, die die Schiffsrümpfe schützen, können Sedimente im Hafenbereich einen hohen Schwermetallgehalt aufweisen, der eine Entsorgung auf Deponien erforderlich macht. Untersuchungen in Chevroux ergaben Werte, die ein Einbringen an dafür vorgesehenen Stellen im See ermöglichen. Im Rahmen der Erneuerung der Hafenanlagen wurde ein sicherer Waschplatz geschaffen, an dem das nach dem Reinigen und Warten der Schiffe verschmutzte Wasser zur Behandlung abgeleitet wird.

Die Freizeitskipper mussten sich zwar bis Mai 2021 gedulden, um die offizielle Einweihung des Hafens zu feiern, doch nun verfügen sie über eine für die nächsten 50 Jahre nutzbare Infrastruktur.

Anmerkungen

 

1 Das Bulletin technique de la Suisse romande beschreibt den 1904 errichteten Hafen wie folgt: «Der Hafen umfasst ein Becken mit einer Nutzbreite von 60 m, das einem der grossen Schiffe der Schifffahrtsgesellschaft ein Wendemanöver ermöglicht und die Flottille der Fischerboote unterbringen kann. Auch das einfache Be- und Entladen von Waren ist möglich.

Er wurde so nah wie möglich am Dorf errichtet, um die Länge der aufzuschüttenden Fahrbahn gering zu halten und kostspielige Baggerarbeiten zu vermeiden. Er verfügt über eine Seebrücke, die den Zugang von Dampfschiffen ermöglicht.

Die seeseitige Einfahrt besteht aus einer ausgehobenen Fahrrinne mit einer Nutzbreite von 30 m, die mit Leitpfählen und elektrischen Lichtern markiert ist. Die Masse der Ausbaggerung wurden unter Berücksichtigung der Tatsache berechnet, dass bei Niedrigwasser 1.2 m Wasser vorhanden sein mussten. Da das Niedrigwasser bis auf 431.65 m zurückgeht, wurde eine Ausbaggerung auf die Kote 430.45 m geplant, die dem Hafen Neuenburg entspricht.

Diese Baggerarbeiten wurden, wie auch die anderen Arbeiten, in Eigenregie durchgeführt, da der Staat keine Unternehmer fand, die sich auf eine Preisliste einliessen. Sie umfassten den Abbau von 30.000 m³ Sand und Lehm, die als Aufschüttungen für die Erhöhung der Fahrbahn und den Bau der Einwasserungsrampe verwendet wurden. Reste wurden in die Untiefen des Sees verbracht.»

 

M. L. Deluz, «Le nouveau port de Chevroux sur le lac de Neuchâtel», Bulletin technique de la Suisse romande 12/1904, S. 249–251

 

2 Das Sanierungsprojekt umfasste auch den Bau eines neuen Bootshauses im Auftrag von Armasuisse, auf den der Artikel nicht näher eingeht.

 

3 Fetch ist die Entfernung auf dem Meer oder auf einer Wasserfläche, ausgehend vom Entstehungsort oder von einer Küste, wenn er vom Land kommt, über die ein bestimmter Wind weht, ohne auf ein Hindernis zu stossen. Dieser Begriff ermöglicht es, die Wellenhöhe und den Seegang an einem bestimmten Ort zu verstehen. Unter sonst gleichen Bedingungen gilt: Je grösser der Fetch, desto grösser die Wellenhöhe.

Hafensanierung Chevroux VD

 

Bauherrschaft
Gemeinde Chevroux VD

 

Tragkonstruktion
CSD Ingénieurs, Lausanne VD

 

Wasserbau
Marti arc jura, Cornaux NE

 

Pfählen und Ausbaggern
E. Bühler & Fils, Marin-Épagnier NE

 

Landungssteg
Hydrokarst Swiss, Bas-Vully FR

 

Metallbau
Stephan, Givisiez FR

 

Strömungslehre
AquaVision Engineering, Ecublens VD

 

Tiefbauarbeiten
Grisoni-Zaugg, Domdidier FR

 

Planungs- und Bauzeit
2018­–2020

 

Kosten
14 Mio Fr.