Neue Wegleitung zur Ordnung SIA 144
Die SIA 144 Ordnung für Planerwahlverfahren regelt die Beschaffung von Planerleistungen bei Aufträgen mit kleinem Gestaltungsspielraum. Seit Januar steht eine kostenlose Wegleitung zur Verfügung, die als Anwendungshilfe für die Ordnung dient.
Für die Durchführung eines qualitätsorientierten Vergabeverfahrens ist die Wahl der angemessenen Beschaffungsform die erste zentrale Weichenstellung. Denn die bestformulierte Ausschreibung eines Planerwahlverfahrens ist fruchtlos, wenn eigentlich eine lösungsorientierte Beschaffungsform wie ein Wettbewerb oder ein Studienauftrag angebracht wäre.
Das Planerwahlverfahren hingegen eignet sich für Ausschreibungen, bei denen der beste Leistungserbringer für eine klar umschriebene Aufgabe gesucht wird. Das betrifft einen erheblichen Anteil des Auftragsvolumens von Planerinnen und Planern.
Mit der SIA 144 Ordnung für Planerwahlverfahren bietet der SIA ein Instrument für solche leistungsorientierten Beschaffungen. Die Ordnung zeigt, wie Planerwahlverfahren durchgeführt werden sollen, um das vorteilhafteste Angebot zu evaluieren, sodass nicht der Preis allein über den Zuschlag entscheidet. Diese Stärkung der Qualität ist auch im Hinblick auf die Gesetzgebung relevant. Denn die öffentlichen Bauherrschaften sind spätestens seit dem revidierten Bundesgesetz über das öffentliche Beschaffungswesen und der Harmonisierung auf kantonaler Ebene durch die IVöB verpflichtet, das vorteilhafteste Angebot zu berücksichtigen.
Umfassendes Nachschlagewerk
Im Januar 2025 publiziert der SIA mit der Wegleitung zur SIA 144 ein umfassendes Nachschlagewerk für Fragen rund um das öffentliche und private Beschaffungswesen. Die Wegleitung bietet Hilfestellung bei der Wahl der Beschaffungsform und weist auf Problemstellungen aus der Praxis hin. Sie enthält zudem konkrete Umsetzungsvorschläge beispielsweise hinsichtlich der Zwei-Couvert-Methode, der Nachwuchsförderung, des Zugangs zur Aufgabe beziehungsweise der Auftragsanalyse sowie der Bewertung und Benotung von Angeboten.
Die Bewertung des Preises sollte gemäss der Ordnung SIA 144 mit 20 bis 25 % in die Gesamtbeurteilung einfliessen. Darüber, wie diese Bewertung konkret vorgenommen werden kann, sagt die Ordnung jedoch nichts aus. In der Wegleitung werden nun Bewertungsmodelle wie die «Standard-» und die «Genfer-Methode» diskutiert. Zudem wird das «Tessiner-Modell» mit der mathematisch hergeleiteten Abstrafung von tiefen Preisangeboten thematisiert.
So werden mit dieser Preis-Plausibilisierung auch überdurchschnittliche Preisangebote benachteiligt, was dem qualitätsorientierten Planerwahlverfahren widerspricht.
Drei Säulen des Planerwahlverfahrens
Die Ausschreibung eines Planerwahlverfahrens ist durch dessen breites Spektrum von Kleinst- bis Grossprojekten und mit Honorarvolumen von wenigen Tausend bis mehreren Millionen Franken anspruchsvoll. Inhaltlich interpretiert die Wegleitung im Wesentlichen die Ordnung SIA 144 gemäss den drei Säulen, auf denen das Planerwahlverfahren nach SIA 144 basiert:
- Ein fachkompetentes Bewertungsgremium erarbeitet das Verfahren und sichert somit auch die Wahl der angemessenen Beschaffungsform. Dabei bezieht sich die Kompetenz auf die Verfahrensdurchführung und auf die erforderlichen Fachkompetenzen hinsichtlich des Beschaffungsgegenstands.
- Aufgrund seiner Fachkompetenz ist das Bewertungsgremium zudem in der Lage, auf den Beschaffungsgegenstand abgestimmte, zweckmässige Eignungs- und Zuschlagskriterien zu definieren.
- Die besten Kriterien nützen dem Verfahren nichts, wenn sie nicht mit dem Willen zur Differenzierung beurteilt und benotet werden. Das Bewertungsgremium ist nicht nur in der Lage, zu differenzieren, sondern sichert das Verfahren damit auch in vergaberechtlicher Hinsicht ab.
Mit Blick auf die ganze Bandbreite der SIA-Interessen
Die Erarbeitung der Wegleitung steht exemplarisch für die Arbeit des SIA: Engagierte und ehrenamtlich tätige Kommissionsmitglieder verschiedener Planungsgattungen aus unterschiedlichen Regionen der Schweiz diskutierten wichtige Themen und Probleme, um das bestmögliche Resultat zu erzielen.
Die Kommission SIA 144 erarbeitete den Inhalt der Wegleitung immer mit Blick auf die ganze Bandbreite der SIA-Interessen und den Erfahrungshorizont der SIA-Mitglieder. Die SIA-Sektionen der Westschweiz und des Tessins verfassten beispielsweise im Rahmen der Coordination Romande (CoRo) ein erstes Dokument mit den «Directives pour de bonnes pratiques dans les appels d'offres». Auf dessen Grundlage und nach intensiver Prüfung konnte die Kommission SIA 144 viele Teile dieser «Directives», unter anderem im Rahmen des vorgängig genannten «Genfer-Modells», in die neu vorliegende Wegleitung integrieren.
Im Frühling 2024 fanden zudem Echorunden statt, in denen ausgewählten Stakeholdern eine erste grobe Entwurfsfassung unterbreitet wurde. Die Rückmeldungen diskutierte die Kommission breit und übernahm wo immer möglich Inhalte.
Ordnung zu Planerwahlverfahren bekannter machen
Das Ziel der Kommission 144 ist es, die Ordnung zu Planerwahlverfahren bekannter zu machen und ihre Anwendung als ein wichtiges Beschaffungsinstrument zu fördern. Mit der nun vorliegenden Wegleitung können SIA-Mitglieder das Planerwahlverfahren auf Teilnehmerebene besser beurteilen.
Eine Wegleitung ist ein dynamisches Instrument und kann durch die zuständige Kommission verhältnismässig einfach nachjustiert werden. Deshalb freut sich die Kommission, wenn die Wegleitung genutzt wird und die Erfahrungen mit der Kommission geteilt werden.
Die Wegleitung SIA 144i-101d Ausschreibung von Planerwahlverfahren kann im SIA-Shop bei der Ordnung SIA 144 in der Sparte «Dokumente» als PDF kostenlos heruntergeladen werden. Erfahrungen mit der Nutzung der Wegleitung zuhanden der Kommission SIA 144 können Kerstin Fleischer, Fachspezialistin Ordnungen im SIA, mitgeteilt werden: kerstin.fleischer [at] sia.ch (kerstin[dot]fleischer[at]sia[dot]ch)
Beschaffung von Planerleistungen
Das Online-Instrument «Wegweiser Planungsbeschaffung» orientiert über die wichtigsten Schritte bei der Vergabe von Architektur- und Ingenieuraufträgen.