Lau­sanne–Bis­kra und re­tour

Kolumne

Revision
22-11-2018

Dieser Fahrplan hängt im Schweizerischen Generalkonsulat in Marseille. Wie exotisch! In den 1940-Jahren gab es Zug- und Schiffsverbindungen von Lausanne nach Tunis, Algier und nach Biskra, eine Oasenstadt am Fuss des Aurès-Berglands.
Doch natürlich handelte es sich im Zweiten Weltkrieg nicht um den heute üblichen Ferientourismus. Die Schweizer Handelsflotte verlegte ihren Hafen, nachdem Italien 1940 an der Seite Deutschlands in den Krieg eingetreten war, von Genua nach Marseille. Zehn Schweizer Schiffe mit Namen wie «Albula», «St. Gotthard» ­oder «Maloja» steuerten den Maghreb und andere Orte an. Von dort ging es per Bahn in fruchtbare Gefilde, um Kaffee oder Ge­treide übers Meer nach Marseille und per Zug weiter in die Schweiz zu bringen. Aufgrund der Waffenverkäufe un­seres Landes an Deutsch­land stellten die USA damals zeitweise ih­re Getrei­delieferungen ein.
Vor allem aber erzählt der vergilbte Fahrplan davon, dass aussereuropäi­sche Länder einen wichtigen Beitrag dazu leisteten, die Schweiz im Krieg mit Nahrungsmitteln zu versorgen. Auch heute, angesichts der Diskussio­nen um Selbstbestimmung und die Ungerechtigkeit von Han­dels­ab­kommen, ist die Abhängigkeit essenziell – denn nur etwa 50 % von dem, was wir essen, wächst bei uns.

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