«Ho­he Bau­kul­tur wird in ei­ner in­ter­dis­zi­pli­nä­ren Dis­kus­si­on ent­wi­ckelt»

Lokale Wertschöpfungsketten, verbindliche Partnerschaften, hohe Qualität: Der Werkplatz Schweiz hat viele Vorteile. In loser Folge porträtieren wir Un­ternehmen, die erfolgreich in der Schweiz planen und produzieren. ­Dies­mal sprechen wir mit Marco Waldhauser, CEO Waldhauser + Hermann.

Publikationsdatum
11-01-2024


Waldhauser + Hermann gehört zu den führenden Gebäudetechnik-Planungsbüros in der Schweiz, auch engagieren Sie sich als Vize-Präsident des SIA. Was schätzen Sie an der hiesigen Baukultur?

Die partnerschaftliche Kollaboration. Als Fachplanende können und sollen wir uns schon früh in den architektonischen Entwurfsprozess einbringen. Wir sind überzeugt, dass hohe Baukultur in einer interdisziplinären Diskus­sion entwickelt wird, idealerweise zu einem möglichst frühen Zeitpunkt, wenn der Freiheitsgrad für Entscheidungen am höchsten ist. Insbesondere Projektwettbewerbe, wie sie in der Schweiz als qualitätssicherndes Vergabeinstrument etabliert sind, ermöglichen eine solche Zusammenarbeit. Eine weitere Qualität ist die Vertrauenskultur der Schweizer Planungs- und Baupraxis. Unsere Verträge sind auf das Wesentliche beschränkt, die Zusammenarbeit mit unseren Auftraggebenden und anderen Planungsbüros basiert stark auf gegenseitigem Vertrauen. Probleme werden meist ausdiskutiert und gemeinsam gelöst. In den letzten 50 Jahren waren wir nie in einen Rechtsstreit verwickelt, der vor Gericht gelöst werden musste.


Manche Planungsbüros gründen Standorte in Ländern mit niedrigerem Lohnniveau, um Leistungen auszulagern. Tun Sie es auch?

Wenn wir im Ausland bauen, gehen wir bei Bedarf Partnerschaften mit lokalen Firmen ein. Aussenstandorte haben wir nicht: In einer partnerschaftlichen Kooperation sind Vertrauen und Kommunikation entscheidend, das funktioniert besser, wenn man räumlich und kulturell nahe ist.


Sie engagieren sich für ein­fache Konzepte in der Gebäudetechnik. Was verstehen Sie darunter?

Die Ansprüche an die Behaglichkeit in einem Gebäude zu erfüllen ist nicht nur Aufgabe der Technik. Es geht um ein Zusammenspiel mit Architektur, Tragkonstruktion und Nutzung: Die Form, die Fassade, die Materialien und Oberflächen, selbst die Farben beeinflussen das Behaglichkeitsempfinden. Wir streben robuste Lösungen an – in dem Sinn, dass sie anpassbar sind und nicht bei jeder Umnutzung komplett neu gedacht werden müssen. Aber auch robust im Betrieb, weil sie langlebig und stabil funktionieren. Zudem müssen die Systeme verständlich und bedienungsfreundlich sein, sonst werden sie nicht optimal eingesetzt und bringen nicht die gewünschte Leistung.


Das ist ökologisch und ökonomisch sinnvoll. Doch welchen Anreiz haben die Planenden, sparsame und effektive Low-Tech-Systeme zu suchen, wenn sie nach Auftragsvolumen honoriert werden?

Es stimmt, wie in den meisten Disziplinen bemisst sich auch in der Gebäudetechnikplanung das Honorar oft nach der Bausumme. Diese Methode ist veraltet und schafft Fehlanreize. In unserem Fall sehe ich das jedoch nicht als Pro­blem: In der Schweiz gibt es zu wenige Gebäudetechnikfachleute. Unser Büro hat sehr viel Arbeit, sodass wir es nicht als nötig erachten, unsere einzelnen Aufträge künstlich grösser zu machen. Vielmehr fragen wir uns: Wie schaffen wir es, in möglichst vielen Projekten einfache, effektive Konzepte zu realisieren? Wir wollen uns über Qualität etablieren – wobei diese auch unterschiedlich auszulegen ist. Es gibt technikaffine Bauherrschaften, die das Mögliche ausloten möchten, und auch Nutzungen wie etwa Labors, die eine hohe technische Ausrüstung erfordern. 


2008 vollzog Ihr Betrieb einen Generationen­wechsel. 2023, im Jahr des 50-Jahr-Betriebsjubiläums, erfolgte der nächste Schritt in der ­Nachfolgeregelung. Im Gegensatz zu vielen inhaber­geführten Planungsbüros, die keine interne Nachfolgeregelung finden und verkauft werden, haben Sie diesen Schritt frühzeitig geplant.

2008 übernahmen wir – Roman Hermann und ich – die Firma meines Vaters. 2014 stiess mein Bruder Stefan dazu. Vor gut anderthalb Jahren entschieden wir, die Stabsübergabe früh anzugehen und nicht erst kurz vor unserer Pensionierung. Je älter die Inhabenden sind, desto begrenzter werden die Optionen für die Nachfolge­regelung; die Folge ist oft, dass sich intern niemand findet, die oder der die Firma übernehmen könnte, aus finanziellen oder Kompetenzgründen. Seit Mitte 2023 sind wir sieben gleichberechtigte und gleich beteiligte Mitinhaber, alle stammen aus der Firma. Die vier Neuen sind jünger, sodass gestaffelte Wechsel möglich sind. Unser Unternehmen kann inhabergeführt in die Zukunft blicken.

Gesprächspartner

Marco Waldhauser, Dipl. HLK-­Ingenieur HTL / SIA, ist seit 2008 CEO von ­Waldhauser + Hermann.

Waldhauser + Hermann AG, Münchenstein BL

 

Gründungsjahr
1973


Inhaber
Christoph Borer, Gabriel Borer, Pascal Emhardt, Lars Köppke, Roman Hermann, Marco Waldhauser, Stefan Waldhauser


Geschäftsleitung
Roman Hermann, Marco Waldhauser, Stefan Waldhauser


Themenschwerpunkte
Planung Heizung/Lüftung/Klima/Kälte, Gebäudeautomation, Wärme- und Kältezentralen, Energetische Betriebsoptimierung


Anzahl Mitarbeitende
56

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