Ent­schei­dungs­pfa­de zur Nach­hal­tig­keit

Die weiterentwickelte, schlankere Neuauflage der Empfehlung SIA 112/1 «Nachhaltiges Bauen – Hochbau» von 2004 stellt sich als Verständigungsnorm der Komplexität nachhaltigen Bauens.

Publikationsdatum
16-11-2017
Revision
16-11-2017

Alle sprechen heute über nachhaltiges Bauen, und Begriffe wie graue Energie und Lebenzykluskosten sind Allgemeingut. Dabei geht leicht vergessen, dass nachhaltiges Bauen lang vor der eigentlichen Bauplanung beginnt. Am Anfang stehen Grund­satz­entscheidungen – nämlich wie Auftraggeber, Architekten und Nutzer eines Gebäudes sich der Komplexität von Nachhaltigkeit stellen wollen und wie jeder auf seiner Zugriffs­ebene die wegweisenden Leitfragen beantwortet. Dass mit diesen Fragen vornehmlich Bauherr, Investor und Besteller angesprochen sind, trägt diesen zum einen eine herausragende Verantwortung an, schenkt ihnen aber zugleich eine ebenso grosse Entscheidungskraft.

Die Norm SIA 112/1:2017 ­bildet die Grundlage für die Vereinbarung von Zielen und den daraus abzuleitenden Leistungen der Planenden für das nachhaltige Bauen. Dabei geht es um Fragen wie: Braucht es überhaupt Baumassnahmen? Können vorhandene Strukturen weiter genutzt werden? Was ist nötig? Erst wenn diese elementaren Fragen beantwortet sind und sich die Notwendigkeit zu bauen bestätigt, sollte mit der Planung begonnen werden. Erst dann folgen die Festlegungen einer Projektierung unter der Prämissen der Nachhaltigkeit, wie die Wahl eines Gebäudestandorts mit umweltschonender Mobilität, die Entwicklung einer Gebäu­destruktur und einer ebensolchen Tragstruktur, die Verwendung beständiger, ökologischer Materialien und einer energieeffizienten gebäudetechnischen Ausrüstung.

Die praktische Umsetzung nimmt den vertrauten Bezug zum Leistungsmodell der Norm SIA 112 mit ihrer Gliederung in Phasen, Teilphasen und Teilphasenziele. Stets im Auge behaltend, dass eine Reduktion der Bauanforderungen auf das Wesentliche und Nötige in der Regel ressourcenschonende Entscheidungspfade sind, gehören auch nicht messbare, sehr wohl aber erfahrbare Werte wie qualitätvolle Gestaltung und gehaltvolle Architektur zu den Kategorien der Nachhaltigkeit im Bauen. Denn «schönen Gebäuden trägt man Sorge, weil man sie schätzt», so der Text der SIA 112/1.

Wer von der neuen Norm Patentrezepte erwartet, geht mit leeren Händen aus. Es gibt keine pfannenfertigen Rezepte, keine Handlungsanweisung, denn die Verständigungs­norm ist als bewusst offenes System angelegt. Unabhängig von Bauaufgabe, Methoden oder Produkten liegt ihr Wert in der zukunftsweisenden, vernetzten Denkweise. Kein «How to do», sondern ein «How to know»! Die Norm SIA 112/1 Nach­haltiges Bauen – Hochbau gibt Auftraggebern und Architekten Werkzeuge für den Planungsprozess in die Hand, um nachhaltiges Planen und umsich­tiges Bauen noch besser zu machen.
 

 

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