Ei­ne Win-win-win-Si­tua­ti­on für die Ge­bäu­de­sa­nie­rung

Bei Gebäudesanierungen gewinnen im Idealfall viele, die Umwelt und die Gesellschaft ebenso wie Eigentümer und Mieter als direkt involvierte Parteien. Umwelt und Gesellschaft profitieren, weil ein energetisch saniertes Gebäude umweltschonender betrieben werden kann. Die Eigentümer steigern derweil den Marktwert ihrer Liegenschaften, wenn sie die Investitionskosten durch höhere Mieterträge finanzieren können. Und die Bestandsmieter gewinnen, wenn die Nebenkosten dank der Sanierung so weit sinken, dass eine erhöhte Nettomiete überkompensiert wird.

WüestPartner hat Sanierungsstrategien für zwölf Mehrfamilienhäuser im Deutschschweizer Mittelland erarbeitet und die Auswirkung der energetischen Sanierungen analysiert. Diese Renditeliegenschaften mit einem durchschnittlichen Baujahr von 1973 gibt es wirklich; sie sind im Besitz von Pensionskassen respektive Anlagestiftungen und haben im Schnitt 63 Mietwohnungen. Die Folgen einer Sanierung wurden für diese Studie aber nur theoretisch berechnet, unter der Annahme, dass zumindest die Heizung zu ersetzen ist. Mit dem Einsatz von Wärmepumpen sinken die Heizkosten. Wird der Jahresbedarf an Strom mit eigener Photovoltaikanlage gedeckt, verringert sich der CO2-Ausstoss noch weiter. Hier werden die wichtigsten Resultate des von EnergieSchweiz geförderten Projekts «Sanierungen mit drei Gewinnern» präsentiert.

Umwelt: weniger CO2

Die Emissionen aus dem laufenden Betrieb einer Liegenschaft werden bei einer energetischen Sanierung fast immer reduziert. Die Umwelt gewinnt immer dann sehr viel, wenn ein fossiler Wärmeerzeuger substituiert werden kann. Selbst wenn ältere Liegenschaften teilweise schon früher saniert wurden, verursachen deren fossile Heizungsanlagen in der Regel weiterhin hohe CO2-Emissionen. In den untersuchten Liegenschaften erzielen die energetischen Sanierungen jeweils eine CO2-Reduktion zwischen 60 % und 90 %.

Mieter: weniger Nebenkosten

Die Wohnkosten für Bestandsmieter setzen sich aus Nettomiete, Heizkosten und weiteren Nebenkosten zusammen. In der Sanierungsanalyse reduzierten sich diese bei elf der zwölf untersuchten Gebäude. Im Durchschnitt betrug der Rückgang 1.5 %. Dank den energe­tischen Sanierungen sanken die Heizkosten stärker, als sich die Nettomiete erhöhte. Das Mietrecht setzt den Rahmen für die zulässige Überwälzung von Investitionskosten. Der Rückgang der Gesamtkosten ist für Bestandsmieter aber nur verzögert wahrnehmbar: Während sich die Nettomiete nach der Sanierung unmittelbar erhöht, sind die Einsparungen bei den Heizkosten ­weniger rasch ersichtlich. Aufgrund in­divi­dueller Verbrauchsfaktoren ist dieser ­Effekt zudem mit höheren Unsicherheiten verbunden.

Eigentümer: höherer Marktwert

Bei zehn Liegenschaften konnte der Marktwert gehalten oder gesteigert werden. Ob und wie schnell sich eine Sanierung für den Eigentümer finanziell lohnt, hängt von verschiedenen Parametern ab:

  • Höhe der Heizkosten vor der Sanierung;
  • Überwälzbarkeit der wertvermehrenden Investition;
  • Subventionsleistungen des Kantons und/oder der Gemeinde;
  • Kosten des neuen Heizsystems: Diese sind umso höher, je komplexer das Heizsystem ist und je kleiner die Liegenschaft, da der Skaleneffekt nicht wirkt.

Bei zwei Liegenschaften hatte der Eigentümer eine Einbusse beim Marktwert zu verkraften. Im ersten Fall liegt eine technische Einschränkung zugrunde: Der Einbau einer Wärmepumpe war nicht möglich, weshalb ein Heizungsersatz relativ hohe Kosten verursachen würde. Solche Einschränkungen betreffen häufig Liegenschaften in historischen Siedlungskernen, die auch nicht mit einem Fernwärmenetz erschlossen sind. Zudem waren die Heizkosten in beiden Liegenschaften vor der Sanierung relativ niedrig, daher liessen sich die Mieterträge nur relativ gering erhöhen.

Anteil aus natürlicher Fluktuation

Solche Zusatzerträge sind für einen Eigentümer jedoch bedeutsam, damit sich eine energetische Sanierung positiv auf den Marktwert auswirkt. Die Erkenntnis, unter welchen Bedingungen und in ­welchem Umfang solche Mehrerträge fliessen, ist deshalb zentral: Ein Anteil stammt aus der mietrechtlichen Überwälzung der Investitionskosten. Weniger bekannt ist, dass auch eine natürliche Mieterfluktuation ihren Beitrag dazu leisten kann. Sobald ein Neumieter einzieht, darf der Eigentümer eine höhere Nettomiete verlangen, wenn das Gebäude saniert wurde. Auch in dieser Situa­tion kann sich der Eigentümer auf die ­sanierungsbedingten tieferen Heiz- und Nebenkosten berufen. Wechselt die Mieterschaft im Verlauf der Jahre vollständig, darf der Eigentümer die Einsparungen bei den Nebenkosten aufgrund der höheren Erträge durch die Nettomieten vollständig für sich behalten. Dadurch wird die Principal-Agent-Pro­blematik bei fremdgenutztem Eigentum etwas entschärft.

Für die Sanierungsanalyse «Sanierungen mit drei Gewinnern» wurden bewusst Liegenschaften mit hohen Heizkosten und Treibhausgasemissionen ausgewählt, deshalb sind die Erkenntnisse nicht generell auf alle Wohngebäude übertragbar. Im Fokus dieser Studie standen zudem Wohnbauten in strukturschwachen Regionen und damit dort, wo die volle Kostenüberwälzung teilweise an der Zahlungsbereitschaft scheitert. Entsprechend sind solche Liegenschaften oft unterdurchschnittlich saniert, und damit ist der Hebel für den Klimaschutz hier am grössten: Werden fossile Wärmeerzeuger bei solchen Liegenschaften vermehrt ersetzt – und die Gebäudehüllen punktuell besser gedämmt –, kann der Beitrag des Gebäudeparks zur Er­reichung der Klimaziele besonders effizient erfolgen.

Mit Unterstützung von energieschweiz sind bei espazium –Der Verlag für Baukultur folgende Sonderhefte erschienen:

Nr. 1/2018 «Immobilien und Energie: Strategien im Gebäudebestand – Kompass für institutionelle Investoren»

Nr. 2/2019 «Immobilien und Energie: Strategien der Vernetzung»


Nr. 3/2020 «Immobilien und Energie: Strategien der Transformation»
 

Die Artikel sind im E-Dossier «Immobilien und Energie» abrufbar.

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