Bei Holz­wurms da­heim

Publikationsdatum
23-04-2020

Ein vergilbter Sonnenstore, verwitterter Mörtel: «Holz + Hobby» im herausgeputzten Zürich wirkt wie aus der Zeit gefallen – und eine Einladung für Ein­brecher. Ein abgebogener, rostiger Nagel, passend zum Zustand der Fassade, sollte als Dietrich genügen, um das Türschloss zu knacken.

Bloss: Was gäbe es zu holen? Holz­ringe, Nägel, Schrauben. Vergilbte Trockenblumensträusse. Das Bastelheftli «Blumen aus Kernen und ­Körnern» (unvergilbt für 4.90 Euro auf eBay). Vielleicht den antiken Hand-­Holzbohrer ganz hinten an der Wand? Oder das Exponat einer Kunst namens «Male mit Sand»? Man blickt hinein und spürt allmählichen Verfall. Verkaufsraum-Gestaltung und Design, die wohl en vogue waren; damals, als der erste Holz­wurm hier einzog, sich’s mit seinem Würmchen gemütlich machte und eine Familie gründete, die dank dem Nahrungsangebot nun einen stolzen Stammbaum aufzuweisen hat.

Nicht allen Zürchern freilich gefällt das Zeugnis des Verfalls in ihrer gepflegten Stadt. «FAUL SOFA!!» hat ein Tagger auf die Holztür ge­schrieben. Was wohl die Eigner heute machen? Sitzen sie wirklich vor Netflix-Serien daheim? Sind sie ­unbekannt verzogen? Oder mit ­Holzbastelfilmchen auf YouTube reich geworden? Wie auch immer: Danke für die kleine Zeitreise.

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