Allianzpartner gesucht!
Noch bevor das SIA-Merkblatt 2065 Planen und Bauen in Projektallianzen veröffentlicht ist, schreibt die Schweizerische Südostbahn SOB ein Fahrbahnerneuerungsprojekt zur Umsetzung in einem Partnerschaftsmodell aus. Sie ist damit eine der ersten Auftraggeberinnen, die sich in Sachen Projektallianzen vortastet.
Bis ins Jahr 2029 will die Schweizerische Südostbahn (SOB) den knapp 2.2 km langen Doppelspurabschnitt zwischen Samstagern und Schindellegi erneuern. Gegenstand des Projekts sind die Totalsanierung der Fahrbahn inklusive Unterbau, Entwässerung und Banketthalterung sowie die Anpassung einzelner Kunstbauten, die sich im Perimeter befinden. So weit das Tagesgeschäft. Interessant wird es, wenn man betrachtet, wie die SOB das Vorhaben umsetzen will: Seit dem 29. Mai ist sie nämlich via Simap – das Informationssystem über das öffentliche Beschaffungswesen in der Schweiz – auf der Suche nach Allianzpartnern für dieses Vorhaben.
Die Gelegenheit eines geeigneten Projekts nutzen
Mit der Umsetzung im Partnerschaftsmodell wendet sich die SOB bei diesem Pilotprojekt von den klassischen Realisierungsmodellen ab und will für die bevorstehenden Phasen Bauprojekt bis und mit Inbetriebnahme eine Projektallianz bilden. Mit der nun publizierten Ausschreibung sucht sie nach Realisierungspartnern – namentlich einem Planungs- und einem Bauunternehmen –, die sich mit ihr für das Vorhaben vertraglich in einer Projektallianz zusammenschliessen wollen.
Laut Manfred Lanz, dem zuständigen Projektleiter, hegte die SOB schon länger die Absicht, ein Projekt im Allianzmodell abzuwickeln. Mit der Erneuerung des Streckenabschnitts zwischen Samstagern und Schindellegi fand man nun ein punkto Umfang und Komplexität angemessenes Vorhaben. Dies, weil der Projektinhalt mit dem Vorprojekt bereits weitgehend definiert ist und es vor allem Herausforderungen bezüglich der Baustellenlogistik und Bauablaufplanung zu meistern gilt. Durch die allianzbedingt frühzeitige Involvierung der Bauunternehmung ins Vorhaben erwartet man angesichts der zeitlichen und räumlichen Schnittstellen zu einem Nachbarprojekt und der strengen betrieblichen Randbedingungen eine erhöhte Realisierungssicherheit.
Daneben erhofft sich Lanz durch die Projektorganisation und -koordination in der Allianz nachmalig kürzere Entscheidungswege sowie eine effiziente, kostengünstige und sichere Abwicklung des Projekts. Nicht zuletzt will man bei der SOB im Rahmen dieses Pilots die Ziele und Interessen aller Projektbeteiligten harmonisieren, mit ihnen eine Wertschöpfungspartnerschaft eingehen und sich selbst neue Kompetenzen bei der Umsetzung von Bauvorhaben aneignen.
Selektives und mehrstufiges Verfahren
Mit der gegenwärtigen Ausschreibung erwartet die potenziellen Anbieter ein selektives Verfahren mit zweistufigem Dialog. Konkret prüft die SOB in einem ersten Schritt die eingereichten Teilnahmeanträge auf Eignung sowie generelle Leistungsfähigkeit und wählt daraus mittels partieller Bewertung der Eignungsnachweise drei Anbieter für die anstehenden Dialogrunden aus. Gemäss Ausschreibungsunterlagen dient das anschliessende Dialogverfahren dann der gegenseitigen Klärung von Fragen, dem Einbringen von Innovationen und der Verdeutlichung der Komplexität des Bauvorhabens; insbesondere durch die gemeinsame Befassung mit den kritischen Elementen der Projektabwicklung und Lösungsentwicklung.
Insgesamt finden zwei Dialogrunden statt, auf deren Grundlage die Anbieter letztlich ihre Angebote bepreisen. Die am Dialog teilnehmenden Anbieter werden mit einem Pauschalbetrag von 15 000 Fr. entschädigt, sofern sie nicht vor Abschluss des Dialogverfahrens freiwillig ausscheiden und auf eine finale Angebotseingabe verzichten.
Dem Standard voraus
Obschon das SIA-Merkblatt 2065 Planen und Bauen in Projektallianzen seine Vernehmlassung abgeschlossen hat und die Veröffentlichung nur noch Formsache zu sein scheint, ist es interessant zu sehen, wie sich einzelne Auftraggeber in dieser Sache vorwagen, und es bleibt zu hoffen, dass der SOB in diesem Pilotvorhaben möglichst viele Anbieter mit qualitätsvollen Teilnahmeanträgen für die Dialogrunde folgen. Immerhin ist das SOB-Projekt das erste, das sich durch die starke Anlehnung ans Merkblatt 2065 an einem branchenkonsolidierten Standard orientiert.
Auch der Submissionsterminplan trägt dem Neuland auf seine Weise Rechnung: Für die Eingabe der Teilnahmeanträge wird den Anbietern knapp 50 Tage Zeit eingeräumt und für die Vorbereitung und Durchführung der Dialogrunden sowie die abschliessende Eingabe der Preisangebote scheinen angemessene Fristen veranschlagt; der Vergabetermin und der Vertragsbeginn sind schliesslich fürs erste Quartal 2025 terminiert.