Bau­en mit der ro­sa Bril­le

Kolumne

Publikationsdatum
27-04-2017
Revision
28-04-2017

Meine Kinder schauen zurzeit die Trickfilmserie «Bob the Builder». Die Idee kam von mir: Ich wollte ihnen zeigen, was die Mama bei der Arbeit so beschäftigt, und sie mit ernsthaften Themen von der Serie mit dem glitzernden quiekenden rosa Einhorn ablenken. Doch Bob war ein Fehlgriff. Das Bild, das er vom Bauen vermittelt, hat nichts mit der Wirklichkeit zu tun.
Bob lächelt viel und hat breite Unterarme. Sein Team besteht aus einer blonden Assistentin, einem dunkelhäutigen Lehrling und diversen Maschinen. Alle sind topmotiviert. Bob fragt bei jedem Auftrag: «Can we build it?», worauf das Team begeistert schreit: «Yes, we can!» Dann passiert eine haarsträubende Panne, zum Beispiel fährt der Bagger alle Stützen um, und der fast fertige Bau kracht zusammen. So weit, so realistisch. Nun aber hebt die Geschichte in die Traumwelt ab: Der Schuldige gibt seinen Fehler zu und will ihn wiedergutmachen. Das Team solidarisiert sich. «Can we fix it?», ruft Bob. «Yes, we can!», brüllen alle mit un­ge­brochener Begeisterung, retten den Bau (kostenlos) und ernten Lob.
Dieses Muster wiederholt sich in je­der Episode, was meine Kinder tief zu befriedigen scheint. Ich dagegen mache mir Sorgen, dass sie den Bezug zur Realität völlig verlieren. Es fällt mir schwer zuzugeben, aber … das rosa Einhorn war mir lieber.
 

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