Ge­bau­te Di­plo­ma­tie

Botschaften sind ein ganz besonderer Bautypus. Ihr Zweck – die diplomatische Vertretung eines Staats in einem anderen Staat – ist zwar schnell umschrieben, doch die architektonische Umsetzung ist äusserst anspruchsvoll.

Data di pubblicazione
05-11-2020

Die Herausforderung beginnt auf der rein funktionalen Ebene. Eine Botschaft muss eine Vielfalt an Nutzungen ermöglichen: Sie umfasst eine Kanzlei, in der die Arbeitsplätze verschiedener Verwaltungsabteilungen versammelt sind, und eine Residenz, die wiederum nicht nur als Wohnsitz des Botschafters und seiner Familie dient, sondern auch der offiziellen Repräsentation bei dienstlichen Empfängen. Gerade bei kleinen Botschaften, die Kanzlei und Residenz unter einem Dach beherbergen, ist die Vereinbarung eines so breit gefächerten Raumprogramms eine entwerferische Knacknuss.

Auch auf der formalen Ebene, in Bezug auf Gestaltung und Symbolik, müssen Botschaften widersprüchlichen Randbedingungen genügen. Sie sind nicht nur multifunktionale Gehäuse, in denen die Diplomatinnen und Diplomaten ihre Arbeit verrichten, sondern fungieren auch ganz direkt, gebauten Visitenkarten gleich, als Werkzeuge dieser diplomatischen Arbeit. Sie sollen – im wahrsten Sinn des Wortes, aber ohne Worte – eine Botschaft übermitteln.

Eine vielschichtige Botschaft: Sie müssen die Identität des Staats, den sie vertreten, selbstbewusst zum Ausdruck bringen, gleichzeitig aber auch respektvolle Dialogbereitschaft gegenüber dem Gastland vermitteln.

Als besondere Herausforderung kommt im Fall der Schweiz noch die ungewöhnlich grosse kulturelle Vielfalt hinzu: Wie bringt man die gemeinsamen Werte einer Nation, die vier Landessprachen, mehrere Landeskirchen und unterschiedlichste Mentalitäten aufweist, auf baulich angemessene Weise zum Ausdruck? Wie stellt man sicher, dass diese Werte in einem Kontext, der weder klimatisch noch kulturell mit demjenigen des Heimatlands vergleichbar ist, richtig verstanden werden? Welches Raumprogramm, welche Bauweise sind geeignet, die Nachhaltigkeit des Gebäudes auch langfristig zu sichern?

Eine allgemeingültige Antwort auf diese Fragen existiert nicht. Was es jedoch gibt, sind gelungene Beispiele, die man analysieren und vergleichen kann, aus denen sich übergeordnete Erkenntnisse ableiten und nützliche Lehren ziehen lassen. Das ist der Zweck der Publikation «Schweizer Botschaften»: Sie präsentiert ausgewählte Projekte und Bauten auf verschiedenen Kontinenten und stellt sie im Sinn einer Best Practice zur Diskussion.

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