«Ein­fach mit­ma­chen»

Das SIA-Mentoring-Programm versteht sich als Wegbereiter für junge Talente. Zum Start der sechsten Durchführung sprechen wir mit vier ­Teilnehmenden des vergangenen Zyklus – der Mentorin Sandra König und ihren Mentees Kadri Tamre, Lucio Crignola und Camille Schneider. 

Date de publication
27-11-2024

Im SIA-Mentoring-Programm unterstützen sich SIA-Mit­glie­der gegenseitig unter dem Motto «Mitglieder für Mitglieder». Während eines Jahres werden Fragen aus dem Berufsalltag in so­ge­nann­ten Tandems, bestehend aus Mentorinnen oder Mentoren und Men­tees, diskutiert. Organisiert wird das Programm von SIA inForm, der Weiterbildungsinstitution des SIA. 

Frau König, was hat Sie dazu motiviert, sich als Mentorin zu engagieren?

Sandra König: Ich hatte bereits vom SIA-Mentoring-­Pro­gramm gehört, bisher jedoch immer von einer Teilnahme ab­ge­sehen, weil ich befürchtete, dass mir der Aufwand zu viel wird, da ich nebenbei schon ehrenamtlich arbeite. Als dann der Aufruf über das Netzwerk Frau und SIA kam, weil sich bisher kaum Frauen als Mentorinnen gemeldet hatten, sagte ich ohne gross nachzudenken zu. Mir ist es wichtig, jüngere Frauen auf ihrem Weg zu unterstützen und zu ermutigen. 

Wie würden Sie die Entwicklung Ihrer Mentees im Verlauf des Programms beschreiben?

König: Erst einmal finde ich, dass die Zeit extrem schnell vergangen ist. Es ist nicht das Gefühl eines langen Prozesses entstanden, auch wenn wir uns öfter gesehen und ausgetauscht haben. Ich habe aber den Eindruck, dass allen dreien bewusster geworden ist, was sie machen wollen, wie sie es machen wollen und was sie dazu beitragen können, ihre Ziele besser zu erreichen.

Sie begleiteten zwei Frauen und einen Mann als Mentee. Gab es typische weibliche oder männliche Themen, über die Sie sich austauschten?

König: Die berufsspezifischen, inhaltlichen Themen sind nicht geschlechtsspezifisch. Das sind alles Fragestellungen, die im Lauf des Berufslebens auftauchen. Da ist das Geschlecht vollkommen unerheblich, wenn es um Fragen geht wie beispielsweise Honorarofferten, phasengerechtes Arbeiten oder den Umgang mit Angestellten. Trotzdem denke ich, dass es Unterschiede gibt in der Art, wie man arbeitet oder auftritt.

Kadri Tamre: Ich bin über­rascht, dass so eine Frage dis­kutiert wird. Aber es ist ein Fakt: Es gibt zu wenig weibliche Vorbilder, so wie Sandra, die sich beispielsweise in einem Mentoring-Programm engagieren. Wie man einen anspruchsvollen Beruf neben Kindern, Familie und Freundschaften ausübt oder wie man sein eigenes Büro führt, ist nicht ein Thema, das nur Frauen betrifft.

Was war die grösste Herausforderung während des Mentoring-Programms und wie sind Sie damit umgegangen?

König: Für mich war die grösste Herausforderung, dass ich drei Mentees bekam. Damit hatte ich nicht gerechnet. Das war aber nicht schlimm, sondern im Gegenteil sehr spannend. Nur das Organisatorische war auch aufgrund der räumlichen Distanz bisweilen herausfordernd. 

Camille Schneider: Ich habe das Programm als bereichernd empfunden, weil ich zu dieser Zeit beruflich ziemlich herausgefordert war. Es hat mir geholfen, die verschiedenen Themen mit Sandra zu besprechen, die das Fachwissen und die nötige Distanz dazu hatte.

Tamre: Für mich war die grösste Herausforderung, die eigenen Ziele zuerst einmal klar zu definieren und diese dann in Worte zu fassen. Manchmal sind die eigenen Vorstellungen ein bisschen vage und es ist gar nicht so einfach, alles auf einen Punkt zu bringen.

Lucio Crignola: Dem stimme ich zu. Ich habe mich mit bestimmten Ideen für das Programm angemeldet. Diese dann in spezifische Fragen umzuformulieren, die ich in der Runde besprechen konnte, fand ich schwierig. 

Was haben Sie voneinander ge­lernt, das nichts mit Architektur zu tun hat?

Tamre: Für mich war das der Einblick in die persönlichen Erfahrungen der anderen Mentees und die Inspiration durch ihren Erfolg. Das war für mich sehr wertvoll.

König: Mein Lerneffekt war, dass ich zuerst zuhöre, bevor ich meine Meinung äussere. 

Schneider: Die individuellen Gründe für die Selbstständigkeit – was dazu geführt hat, sich für die Selbstständigkeit zu entscheiden. 

Frau Tamre und Frau Schneider, wie haben Sie das Programm als Mentees erlebt?

Schneider: Ich machte mich vor zweieinhalb Jahren selbstständig. Daher war es für mich wertvoll, dass ich gerade bei konkreten Fragen schnell und unkompliziert eine Antwort bekam. Beispielsweise war das Thema Akquisition neu für mich. Dazu konnte mir Sandra gute Inputs geben. 

Tamre: Ich habe das Programm als komplett unabhängige Austauschmöglichkeit erlebt mit Personen, die nichts von mir wissen, ausser das, was ich erzähle. Das ermöglichte mir einen offenen Austausch ohne Barrieren oder Hemmungen. Ich fühlte mich verstanden, inspiriert und unterstützt von den anderen. Vor allem auch durch die indivi­duelle Betreuung von Sandra. Das Programm ist eine einzigartige Möglichkeit, sich auf privater und beruflicher Ebene auszutauschen. 

Herr Crignola, Sie haben einen Wettbewerb mit Ihrem Büropartner gewonnen. Haben Sie aufgrund dieses Wettbewerbs am Mentoring teilgenommen? 

Crignola: Einer der Gründe für die Teilnahme am Mentoring-Programm war, dass wir uns als Büro im Wachstum befinden und jetzt grössere Projekte haben – vor allem mit der Schule Unterstrass. Den Wettbewerb dafür gewannen wir im letzten Jahr. Das bedeutet für uns eine Umstellung im Büro, denn bisher waren wir nur zu zweit. Mit diesem Projekt müssen wir nun Leute anstellen, um es ausführen zu können. Eine meiner Fragen war daher: Wie kann man die architektonische Qualität hochhalten, wenn man in einem grösseren Team arbeitet? Wie organisiert man sich und wie schafft man Bedingungen, damit sich alle wohl fühlen? 

Frau König, was würden Sie Kolleginnen und Kollegen raten, die überlegen, sich ebenfalls als Mentoren zur Verfügung zu stellen?

König: Ich würde ihnen unbedingt raten, mitzumachen. Es ist eine grossartige Erfahrung. Der Zeitaufwand ist überschaubar. Ausserdem kann man den Rhythmus der Treffen selbst steuern. Auch die Form, wie man den Austausch gestalten möchte – ob man lieber telefoniert oder sich trifft. Und ich würde mir vor allem wünschen, dass sich mehr Frauen zur Verfügung stellen. 

Frau Tamre, Frau Schneider und Herr Crignola, was würden Sie anderen Mentees raten, die an diesem Programm teilnehmen möchten?

Tamre: Einfach machen. Es braucht vorher keinen grossen Plan dafür. Aber man sollte proaktiv und offen sein. Und man sollte Geduld haben, weil sich die Dinge manchmal nicht so schnell ent­wickeln, wie man sich das erhofft.

Crignola: Ich schliesse mich an: einfach mitmachen! Und sich bewusst machen, was man möchte. Es ist hilfreich und zielführend, wenn man sich diesen Aufwand vorher macht.

Schneider: Mir hat das Wissen geholfen, dass ich mich mit meinen beruflichen Herausfor­derungen und den Fragen, die da­durch entstanden sind, jederzeit an jemanden wenden konnte. Aus­serdem finde ich es eine gute Sache, dass ich die Teilnehmenden vorher nicht gekannt habe. Ich würde dazu raten, einfach am ersten Treffen teilzunehmen und zu schauen, wie es sich entwickelt.

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