«In­ge­nieure, ihr be­wegt so viel!»

Gespräch mit Daniel Meyer zur Auszeichnung «Umsicht – Regards – Sguardi»

Am 13. Mai beginnt die Einreichungsfrist für die «Umsicht»-Auszeichnung des SIA. Vorstandsmitglied Daniel Meyer erläutert das Konzept – und weshalb Projekte mit Ingenieuren besonders gern gesehen sind.

Date de publication
28-04-2016
Revision
04-05-2016

SIA: Herr Meyer, was sind die ­Besonderheiten der Auszeichnung «Umsicht»? Wodurch hebt sie sich von anderen Preisen ab?

Daniel Meyer: «Umsicht» richtet sich an Leute, die sich dem Anspruch verpflichtet fühlen, die Vielfalt und Lebensqualität ­unserer Kulturlandschaft zu bewahren und zukunftsfähig weiterzuentwickeln. Es geht also nicht, wie bei einem Architekturwettbewerb, um das Bestimmen des gelungensten Gebäudes. Es ist ein geweiteter Blick: Uns geht es um pionierhafte, innovative Projekte, die zeigen, wie man heute in interdisziplinären Planerteams ­etwas entwickeln, wie man nachhaltig bauen kann. Alle für den SIA ­prioritären Themen kommen in «Umsicht» vor. 

SIA: Ist dieses Bewusstsein für Interdisziplinarität mit «Umsicht» gewachsen?

Daniel Meyer: Früher haben Bauinge­nieure generell den Fokus auf ­ihre spezifischen Anliegen gelegt und ihre Arbeit optimiert – ohne intensive Interaktion mit den Architekten. Das Bewusstsein, dass komplexe Aufgaben im interdiszi­plinären Team besser bewältigt werden können, ist zwischenzeitlich aber stark gewachsen. Der SIA weiss um seine Stärke: Nur in Zusammenarbeit seiner Architekten und Ingenieure entsteht Brillanz.

SIA: Wer kann Projekte einreichen, ­welches Publikum die ausgezeichneten Projekte anschauen?

Daniel Meyer: Der Preis spricht Schweizer Baufachleute, Ingenieure, ­Umweltingenieure, SIA-Mitglieder aber auch Nichtmitglieder an – wir hatten auch schon Teams, in denen Maschineningenieure mitgewirkt haben. Das Publikum besteht einerseits aus Fachleuten, «Umsicht» soll andererseits auch das bau­kulturell interessierte Publikum sowie die Politik und die Behörden ansprechen. 

SIA: Wie hat sich die Resonanz über die Jahre verändert? 

Daniel Meyer: Die Resonanz wurde stärker. Die Projekteingaben nehmen zu; dieses Jahr erwarten wir etwa 90 Projekte. Die Gewinner sind stolz auf die Auszeichnung und vermarkten sie, sodass unser Preis seit 2007 stetig stärker ausstrahlt und wahrgenommen wird. Ausländische Berufsverbände sind enorm am Konzept der Ausstellung, an unserem Baukulturverständnis und an der Interdisziplinarität interessiert, die etwas spezifisch Schweizerisches ist. 

SIA: Was hat es mit dem Begriff «zukunftsfähig» auf sich?

Daniel Meyer: Das kann man gut an dem bei der «Umsicht 2013» ausgezeichneten Mehrgenerationenhaus Giesserei in Winter­thur verdeutlichen: Das Haus veranschaulicht, dass ein Gebäude sehr vielschichtigen und veränderbaren Anforderungen gerecht werden kann: Wenn dort in 30 Jahren die Kinder der Familien ausgezogen sind, kann man beispielsweise aus zehn grossen Wohnungen zwanzig kleine machen.

«Zukunftsfähig» heisst auch, sich zu überlegen, wie ­man z. B. ein Tragwerk entwickelt, das in 20 Jahren mit wenigen ­Bewegungen umgestellt werden kann – ohne die bauliche Substanz ändern oder abbrechen und dabei energetische Ressourcen respek­tive graue Energie verbrauchen zu müssen. Damit sind wir bei der Wirtschaftlichkeit, die ein wichtiges Auszeichnungskriterium ­ist: Lebenszyklusberechnung, ­Finanzierung und Betrieb, Herkunft und Kosten der Energie ­werden von Experten im Detail angeschaut.

SIA: Warum ist die «Umsicht»-­Auszeichnung wichtig?

Daniel Meyer: Sie ist eine Chance, das Bewusstsein unserer Gesellschaft ­– vom Schüler bis zur Bundesebene – für zeitgenössische Baukultur ­zu sensibilisieren, für den ressourcenschonenden Umgang mit Energie oder für Fragen der Raum­planung. Zum anderen können SIA-Mitglieder auf grosser Bühne ihre Exzellenz zeigen.

SIA: Was erwarten Sie als Ingenieur von der nächsten «Umsicht», ­und worauf freuen Sie sich?

Daniel Meyer: Ich hoffe, dass mehr Projekte unter der Federführung von Ingenieuren eingehen – z. B. Infrastrukturprojekte von Teams –, wie das bei der letzten «Umsicht» ­ ausgezeichnete Projekt «Trutg dil Flem» in Flims. Ingenieurkönnen muss wieder mehr publik gemacht werden, denn Ingenieure sind innovative Erfinder. Die Schweiz hat enorm gutes Engineering, nur wird es meist als Selbstverständlichkeit genommen, und Ingenieure verkaufen sich selber nicht besonders gut.

Uns ist es wichtig, ihnen zu vermitteln: Hört, ihr ­Ingenieure, ihr bewegt so viel! Das muss man doch auch zeigen. Ich freue mich schon ­auf die Tage, an denen ich mit der exzellenten Jury zusammenar­beiten kann; das ist immer eine riesige fachliche und persönliche Bereicherung.


Bewerben für «Umsicht»

«Umsicht – Regards – Sguardi», die Auszeichnung des SIA für die zukunftsfähige Gestaltung des Lebensraums, wird im März 2017 zum vierten Mal vergeben.

Gesucht werden Werke, Produkte und Instrumente ­aus den Schaffen der Schweizer Bau-, Technik- und Umweltfachleute.

Einreichungszeitraum: 13. 5. – 5. 7. 2016
Weitere Infos: www.sia.ch/umsicht

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