Mass halten!
Sind wir denn mittlerweile alle hysterisch geworden? Man möchte es meinen, liest man einen jüngst erschienenen Artikel in der Zeitschrift «The New Yorker». Diverse Nationalparks, so heisst es da, fordern ihre Besucher auf, das Aufeinandertürmen von Steinen zu unterlassen. Die Park-Ranger müssten ihre Zeit damit verplempern, diese Skulpturen zu demolieren und das Baumaterial wieder in die Landschaft zu verteilen. Das Stapeln der Steine könne die Erosion begünstigen, Flussläufe stören und sensible Kleintier-Ökosysteme bedrohen.
Wie bitte? Ist nicht das Aufeinanderschichten von Steinen eine jener Fertigkeiten, die den Menschen zum Menschen macht? Was sind denn die Pyramiden von Gizeh, Machu Picchu und Stonehenge anderes als eben: aufeinandergestapelte Steine? Und wo bleibt der Aufschrei des SIA?
Liest man weiter, begreift man freilich: Wie so oft ist es eine Frage des Masshaltens. Die Verbreitung von stolz geposteten Baumeister-Bildern via Instagram hat einen gewaltigen Nachahmereffekt losgetreten. Was früher das Hobby einiger weniger Tagträumer war, gilt heute vielen als Natur-Yoga, als meditatives Einswerden mit der Schöpfung. Hat nicht schon Goethes Zauberlehrling unsere digitalen Exzesse vorhergeahnt? «Herr, die Not ist gross! Die ich rief, die Geister, werd ich nun nicht los.»