Ri­si­ken bei der Ab­wei­chung von Bau­stoff­prüf­nor­men

Auftraggeber benötigen zuverlässige Ergebnisse von Baustoffprüfungen. Zur Vermeidung von Unstimmigkeiten oder unbrauchbaren Resultaten ist ein umfassender Informationsaustausch zwischen Auftraggeber und Prüflaboratorium unabdingbar.

Publikationsdatum
21-01-2020

Baustoffprüfungen dienen einerseits der Bauherrschaft zur Dokumentation und Überwachung der geforderten Bauwerkseigenschaften, andererseits den Baustoffproduzenten zum Nachweis einer normkonformen Produktion. Prüflaboratorien beraten und unterstützen ihre Auftraggeber – in der Regel Unternehmer, Planer oder Bauherren – bei der Wahl von Verfahren zur Prüfung von Baustoffeigenschaften. Dabei geht es meist darum, ob das vorgesehene Prüfverfahren die Fragestellung des Auftraggebers in geeigneter Weise beantworten kann, aber auch, ob die zu entnehmenden oder bereits entnommenen Materialproben für repräsentative und damit belastbare Prüfresultate ausreichend sind. Was zunächst banal erscheint, erweist sich in der Praxis oft als schwierig und kann letztlich auch rechtliche oder finanzielle Konsequenzen haben. 

Tatsächlich haben Auftraggeber häufig Mühe, ihre Anliegen von Anfang an klar zu formulieren. Gleichzeitig kommen Prüflaboratorien ihrer Beratungspflicht nicht immer ausreichend nach oder akzeptieren Abweichungen von Mindestvorgaben gültiger Baustoffprüfnormen. Daraus entstehen ungenügend abgesicherte Prüfresultate und damit Risiken, die sowohl auf den Auftraggeber wie auf das Prüflaboratorium zurückfallen können. Erhöhte Kosten und ein Zeitverlust sind nicht selten die Folge. Für ein sicheres, effizientes und wirtschaftliches Vorgehen ist es daher unerlässlich, dass der Auftraggeber und das Laboratorium gemeinsam geeignete Prüfverfahren mit einem angemessenen Prüfumfang festlegen.

Im Bauwesen kommen überwiegend akkreditierte Prüflaboratorien zum Einsatz, weil sie einen anerkannten und regelmässig überwachten Nachweis zur Durchführung normierter Baustoffprüfungen erbringen. Solche Laboratorien sind im Rahmen ihrer Qualitätssicherung verpflichtet, eine kompetente Validierung von Prüfanfragen vorzunehmen. Nun können aber akkreditierte Laboratorien mit entsprechender Deklaration sowohl akkreditierte als auch nicht akkreditierte Prüfverfahren anbieten. Die überwiegende Anzahl der akkreditierten Verfahren basieren auf den Vorgaben gültiger Prüfnormen. Diese sind ohne Abweichungen – also strikt im Sinn der Vorgabe – anzuwenden. Darüber hinaus ist unter bestimmten Bedingungen die Akkreditierung von modifizierten oder neu definierten Verfahren möglich. In den letzten Jahren zeigte sich, dass auch bei der Durchführung akkreditierter Normprüfverfahren und der zugehörigen Berichterstattung – aus verschiedenen Gründen – geltende Vorgaben nicht immer eingehalten wurden.

In der Praxis ergeben sich dabei häufig zwei Arten von Abweichungen gegenüber den Vorgaben von Prüfnormen: Entweder können die Normvorgaben wegen der Abmessungen, der Anzahl, der Lagerung oder des Alters der Prüfkörper nicht eingehalten werden oder es werden normkonforme Prüfverfahren modifiziert bzw. neue Prüfverfahren definiert. Beide Abweichungen sind wohlgemerkt unter entsprechenden Umständen (z. B. auf Bestehen des Auftraggebers, der dann hierfür auch die Verantwortung trägt) legitim. So oder so sind Prüflaboratorien aber angehalten, Abweichungen von gültigen Baustoffprüfnormen oder Prüfverfahren in ihren Prüfberichten ausdrücklich auszuweisen.

Kurzum gilt, dass Abweichungen zu Vorgaben in normierten Baustoffprüfverfahren generell zu vermeiden sind. Anforderungen und Abweichungen sind grundsätzlich im Vorfeld bei der Auftragserteilung einvernehmlich zu klären. Hier kommt den akkreditierten Prüflaboratorien eine besondere Verantwortung zu: Sie müssen auf Abweichungen gegenüber dem entsprechenden Normprüfverfahren hinweisen. Umgekehrt haben Auftraggeber die Prüflaboratorien ausreichend präzise zu informieren und zu beauftragen. Bestehen bei den Auftraggebern Unsicherheiten hinsichtlich des anzuwendenden Prüfverfahrens und des Prüfumfangs, sollten sie explizit beim Prüflaboratorium Beratung anfordern und über den Zweck der Prüfungen so umfassend informieren, dass die Prüflaboratorien die Auftraggeber optimal unterstützen können.

Schliesslich sind Abweichungen zu normierten Prüfungen oder alternative Prüfverfahren nur zulässig, wenn diese aus fachlicher Sicht gerechtfertigt sind und im Voraus zwischen den Vertragspartnern ausdrücklich vereinbart wurden. Anderenfalls sollte der Auftraggeber diese Prüfung nicht akzeptieren und sie zurückweisen.

Eine Unterarbeitsgruppe der Arbeitsgruppe Beton des SIA befasste sich in einem ausführlichen Fachbeitrag mit der Thematik und typischen Beispielen aus der Praxis.Mehr Info auf

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