Pro­jek­tie­rungs­sek­tor mit hal­ber Kraft vor­aus

Die Planungsbüros revidieren ihre Konjunkturerwartungen für das nächste Halbjahr leicht nach oben. Zugleich schätzen sie die Nachfrage und die erbrachte Leistung in den letzten drei Monaten skeptisch ein.

Publikationsdatum
15-12-2021

Bittersüss könnte man die jüngste KOF-Konjunkturumfrage nennen – ein Potpourri von süssen und bitteren Ergebnissen, die sich stetig abwechseln. Süss beispielsweise: Die Geschäftslage der Planungsbüros hat sich erneut aufgehellt. Aktuell melden 57 % der Büros eine gute Geschäftslage, 39 % eine zufriedenstellende und lediglich 4 % eine schlechte. In den letzten drei Monaten verbesserte sich zudem die Ertragslage.

Bitter: Gleichzeitig wurde das Urteil über die Nachfrageentwicklung und die erbrachte Leistung in den letzten drei Monaten skeptischer. Dennoch entwickelte sich der Auftragsbestand der Planungsbüros positiv, wobei die Bausumme aus Wohnbauprojekten erstmals wieder leicht rückläufig ist. Die Reichweite der Aufträge verharrt seit der vorigen Befragung bei 11.2 Monaten. Der Anteil der Büros, die einen Arbeitskräftemangel beklagen, ist im vierten Quartal 2021 erstmals wieder zurückgegangen. Dagegen werden Engpässe bei den technischen Kapazitäten wieder häufiger als Leistungshemmnis genannt.

Der Blick in die Zukunft ist optimistisch

Dennoch: Die Planungsbüros revidieren ihre Erwartungen für die konjunkturelle Entwicklung im nächsten Halbjahr leicht nach oben. Somit erwarten in den kommenden sechs Monaten 9 % der Büros eine verbesserte Geschäftslage, rund 85 % eine gleichbleibende und rund 4 % eine schlechtere. Ihre Erwartungen hinsichtlich der Nachfrage und der Leistungserbringung in den nächsten drei Monaten hellen sich ebenfalls auf. Zudem erhöhen die Planungsbüros ihre Preisplanungen erneut, wobei nun 87 % der Büros mit stagnierenden und nur noch 9 % mit sinkenden Preisen in den nächsten drei Monaten rechnen. Dementsprechend fallen auch die Erwartungen hinsichtlich der Ertragslage in den kommenden Monaten optimistisch aus.

Reichweite der Aufträge sinkt bei Architekturbüros

Wiederum hellte sich das Urteil über die Geschäftslage der Architekturbüros seit der letzten Befragung vom Juli 2021 auf. Die erbrachten Leistungen und die Nachfrage in den letzten drei Monaten beurteilen die Büros allerdings erstmals wieder zurückhaltender als zuvor. Das Urteil über den Auftrags­bestand stagniert seit der letzten Befragung. Zudem sinkt die Reichweite der Aufträge von 12.5 auf 12.2 Monate.

Somit trüben sich die Erwartungen der Architektinnen und Architekten erstmals seit der Erholung wieder ein: Nur noch 12 % der Büros rechnen mit einer verbes­serten Geschäftslage in den nächsten sechs Monaten, 83 % mit einer gleichbleibenden und 4 % mit einer schlechteren. Ebenfalls haben die Architekturbüros ihre Erwartungen im Hinblick auf die Nachfrage und die Beschäftigtenzahl in den kommenden drei Monaten leicht nach unten revidiert, während sich die Erwartungen für ihre Leistungserbringung aufgehellt haben.

Ingenieurbüros schätzen Geschäftslage besser ein

Dafür überraschen abermals die Ingenieurbüros in der aktuellen Umfrage: Sie schätzen nämlich ihre Geschäftslage nochmals besser ein als in der vorherigen. 63 % der Büros beurteilen ihre Geschäftslage als gut, 35 % als zufriedenstellend und nur 2 % als schlecht. Aber auch hier spielt der Faktor «bittersüss» mit herein, denn die Büros melden einen deutlichen Rückgang der Nachfrage und der Leistungserbringung in den vergangenen drei Monaten. Ihre Einschätzung der Auftragsbestände entwickelt sich hingegen positiv, und die Reichweite dieser hat sich auf 10.5 Monate erhöht. Ihre Bausummen aus Wohnbauprojekten sind bereits seit dem zweiten Quartal dieses Jahres rückläufig.

Die Erwartungen der Ingenieure und Ingenieurinnen bezüglich ihrer Geschäftsentwicklung in den nächsten sechs Monaten hellen sich im Oktober weiter leicht auf: Rund 7 % der Büros rechnen mit einer besseren Geschäftslage, 87 % mit einer gleichbleibenden und 5 % mit einer schlechteren. Während sie ihre Erwartungen für die Leistungserbringung in den nächsten drei Monaten nach oben revidiert haben, bleiben sie bei ihrer Einschätzung zur Nachfrageentwicklung vom Juli. Dem zugespitzten Arbeitskräftemangel entsprechend planen die Ingenieurbüros aktuell vermehrt, ihre Beschäftigtenzahl in den kommenden drei Monaten auszuweiten. Die erwartete Ertragslage hellt sich in den nächsten drei Monaten nochmals deutlich auf.

Steigende Energiepreise machen Sorgen

Unbestritten ist, dass die Schweizer Wirtschaft noch immer von den negativen Auswirkungen der Covid-19-Pandemie beeinträchtigt ist. Im Vergleich zu den europäischen Nachbarstaaten ist sie jedoch mit einem blauen Auge davongekommen. Zwar fiel der saisonbereinigte Geschäftslageindex, der auf der Umfrage von 4500 Unternehmen aus Industrie und Baugewerbe beruht, von 21.6 Punkten (Februar 2020) auf –19 Punkte (April 2020), doch seit Oktober 2020 liegt er wieder im positiven Bereich – sogar auf 27 Punkten im Oktober 2021. Für das Jahr 2021 wird laut Prognosen aus September und Oktober ein BIP-Wachstum in Höhe von 2.7 bis 3.5 % erwartet, meldet das deutsche Onlineportal Statista Ende Oktober 2021.

Dennoch kann die Situation auch hier als bittersüss bezeichnet werden, denn es droht neues Ungemach – und zwar in Form der explodierenden Energiepreise. Noch spielen sie hier vorerst eine eher untergeordnete Rolle, aber es ist nur eine Frage der Zeit, bis das Thema auch die Schweiz beschäftigen wird. Deutschland hat beispielsweise deswegen bereits die Wachstumserwartungen für das BIP um fast einen Prozentpunkt nach unten korrigiert. Und die USA befürchten, dass die hohen Energiepreise die Inflation im Land zusätzlich anheizen und damit die wirtschaftliche Erholung nach der Pandemie hemmen.

Ein bisschen Inflation ist nicht schlimm

Eine bekannte Börsenregel lautet: «Hustet die USA, bekommt Europa die Grippe.» Gilt das auch in diesem Fall? Jein, ist die unklare Antwort. Die steigende Inflation der USA wird vor allem durch die zunehmenden Rohstoffpreise verursacht – und gilt als vorübergehendes Phänomen. Diese Inflation wiederum stärkt den Franken, was in diesem Fall der Schweizer Wirtschaft dient, da viele Rohstoffe in Dollar gehandelt werden. Das bedeutet für die Schweiz: mehr Rohstoffe für weniger Geld. Falls das Phänomen allerdings nicht vorübergehend ist, wird sich das mittelfristig auch in der Schweiz auswirken, aber weniger stark als in den USA. Ein bisschen Inflation ist nicht schlimm, denn wenn die Preise steigen, produzieren Firmen mehr, weil sie mehr Gewinn machen können. Das wiederum führt dazu, dass (hoffentlich) höhere Löhne ausbezahlt werden, was wiederum den Konsum ankurbelt. Somit kann man auch das Inflationsgespenst in die Kategorie «bittersüss» einordnen.

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