Pri­vat­sa­che En­er­gie?

Kolumne

Publikationsdatum
20-11-2015
Revision
20-11-2015

Mein Chemielehrer gab sich vor 20 Jahren redlich Mühe, seinem Bildungsauftrag nachzukommen und uns die Harmlosigkeit der Atomkraft nahezubringen. Allein, bei mir hat er versagt. Einzig aus ästhetischen Gründen klebt auf meinem Velo kein «Atomkraft, nein danke!»-Sticker. Daher war ich sehr angetan, als die ersten Stromanbieter be­gannen, einem die Wahl zu lassen, ob man nun Atomstrom, Strom aus Wasserkraft oder doch lieber Ökostrom «aus der Region» beziehen möchte.

Der Fall war klar: Fortan sollten nur noch saubere, glückliche Elektronen meine Waschmaschine betreiben (Sie ahnen es schon: um meine roten Socken zu waschen). Ach, so einfach geht das nicht? In der Stromleitung kommt doch wieder zusammen, was nicht zusammengehört? Ich wasche also irgendwie trotzdem mit Atomstrom?

Bei der Gasversorgung scheint das Individualistentum ja schon stärker ausgeprägt zu sein. Ich male mir aus, dass in diesem Haus jeder Bewohner seinen eigenen Gastank hat: der eine vom Kollegen aus Russland importiert, der nächste gefüllt mit Frackinggas als Mitbringsel aus den USA-Ferien, ein weiterer mit Ökogas vom Bauernhof der Schwägerin. So weit muss es bei der Stromver­sorgung dann doch nicht gehen – oder hat Ihr Nachbar bereits ein Mini-KKW in der Garage?

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