Klassifizierung von AAR-Betonschäden
Alkali-Aggregat-Reaktionen AAR schädigen Beton. Ihre Klassifizierung ist allerdings nicht einheitlich geregelt. Der Autor schlägt hierfür eine neue Methode und ein Bewertungskonzept vor.
In zahlreichen Ländern ist die Alkali-Aggregat-Reaktion eine häufig anzutreffende Ursache von Netzrissen an Betonbauten.
Trotz makroskopisch typischer Anzeichen ist jedoch eine sichere Diagnose von AAR-Reaktionsprodukten nur unter dem Mikroskop möglich. Voraussetzung für eine zuverlässige mikroskopische Beurteilung ist die Bohrkernentnahme an der richtigen Stelle des Betonbauteils, um davon mikroskopische Präparate in Form von Dünnschliffen zu entnehmen.
Für eine Beurteilung der Schädigung eines ganzen Bauteils sind das makroskopische Rissbild und die Risstiefen wichtige Aspekte einer Zustandserfassung. Zusätzlich kann mittels E-Modulmessungen die innere Schädigung anhand der Plastizität bestimmt werden. Liegen alle Resultate einer Zustandsuntersuchung vor, gilt es, den Grad der AAR-Schädigung zu bestimmen. Aktuell sind hierzu die Fachliteratur und Normenlage allerdings nicht einheitlich.
AAR-Produkte und Risse
AAR-Produkte treten in zwei Kategorien auf. Zum einen transparente, isotrope Gele, die aber auch bräunlich gefärbt sein können und ihre perfekte Isotropie durch Spannungen oder Rekristallisationen verlieren können. Zum anderen bräunliche, mikrokristalline Aggregate, die aus 0.005–0.010 mm kleinen Plättchen bestehen und unter UV-Fluoreszenzlicht eine Kapillarität zeigen. In selten Fällen können diese mikrokristallinen Aggregate auch farblos sein.
Einen Schädigungsgrad nur durch Art und Menge an mikroskopisch beobachtbaren AAR-Produkten zu bestimmen, kann nicht gelingen, weil insbesondere AAR-Gele wenig beständig sind, karbonatisieren, zu Hydratphasen reagieren oder gänzlich weggelöst werden können. Gerade in älteren AAR-befallenen Bauwerken können AAR-Gele oftmals gar nicht mehr oder nur noch reliktisch beobachtet werden.
Aus diesen Gründen muss sich eine mikroskopische AAR-Schadensklassifizierung auf den Grad der Rissbildung konzentrieren. Dies kann in Anlehnung an den Damage Rate Index (DRI) von Sanchez et al. (2015)1 mit der Methode des Mikroskopischen Riss-Index (MRI) geschehen.
Dabei werden in einem Dünnschliff (DS) die kornbrechenden Aggregatrisse (A) und Risse in der Bindemittelmatrix (B) mit Rissbreiten ≥ 0.020 mm pro Quadratzentimeter gezählt und gemäss nebenstehender Formel gewichtet. Diese Parameterisierung der mikroskopischen Rissintensität erlaubt letztendlich auch eine Abschätzung der Minderung der Festigkeitseigenschaften des Betons.
Harmonisierte AAR-Schadensklassifizierung
Diese neue AAR-Schadensklassifizierung konnte sich in der Anwendung bei Zustandserfassungen bereits bewähren. Sie korreliert unter anderem mit den vier AAR-Klassen gemäss Krähenbühl (2007)2 und den Rissbreitenindices (RI) gemäss Norm SIA 269/2 wie folgt:
- Schadensstufe 1: AAR-Klasse 1, RI < 0.2 mm/m
- Schadensstufe 2: AAR-Klasse 1 oder 2, RI ≤ 1.0 mm/m
- Schadensstufe 3: AAR-Klasse 2 oder 3, 0.2 ≤ RI < 3.0 mm/m
- Schadensstufe 4: AAR-Klasse 3 oder 4, RI > 1.0 mm/m
Der Rissbreitenindex [mm/m] wird als Summe aller Rissbreiten [mm] über die Gesamtlänge [m] von zwei Seiten und den beiden Diagonalen eines 1 m2 grossen Quadrates gemessen.
Die harmonisierte AAR-Schadensklassifizierung zeigt, wie das innere Gefüge des Baukörpers mit der Rissschädigung an der Oberfläche korrespondiert. Bohrstellen, Bohrtiefen und Lage von Prüfkörpern für labortechnische Untersuchungen müssen dementsprechend gewählt werden.
Mittels dieser harmonisierten AAR-Schadensklassifizierung kann eine Zustandsuntersuchung mit Verdacht auf AAR standardisiert durchgeführt werden. Die sich daraus ableitenden Massnahmenempfehlungen müssen jedoch je nach Art und Funktion des Bauteils (z. B. Schwergewichtsmauer oder vorgespanntes Tragwerk), dessen Exposition und der zu erwartenden Nutzungsdauer in Anbetracht der Wirtschaftlichkeit individuell erarbeitet werden. Aus einer materialtechnischen Perspektive geht es im Prinzip aber in den meisten Fällen darum, Feuchtigkeit von einem AAR-befallenen Bauteil auf Dauer fernzuhalten.