Hilf(lo)skon­struk­ti­on im Töss­tal

Kolumne

Publikationsdatum
02-10-2015
Revision
10-11-2015
Thomas Ekwall
MSc. EPFL Bau-Ing., MAS ETHZ Arch., Korrespondent TEC21

Ingenieurbauwerke pflegen. Das tönt nicht allzu verlockend und riecht nach Altersheim. Doch immer wieder hört man dabei spannende Geschichten aus vergangenen Zeiten: Was hat diese Brücke in Rikon zu erzählen, die sich scheinbar nur noch an Stahlkrücken aufrecht hält?

In seinen jungen Jahren stand der Zweigelenkbogen, Jahrgang 1906, für die innovative Betonbauweise – gestampft, nicht vibriert! Schon bald setzte sich die Brücke unter ihrem eigenen Gewicht, hielt ihm aber stand. Als sie 60 Jahre alt wurde, wollte die Armee mit ihren Fahrzeugen darüberfahren. Man mass eine Scheiteleinsenkung von 35 cm und entwickelte demzufolge diese verheerende Hilfskonstruktion: Der Bogen mutierte zum Dreifeldträger und erlitt starke Biegemomente anstatt der gewohnten Normalkraft: An der Scheitelunterseite entstanden Risse. Zum Glück setzte sich auch das Widerlager der Stahlkonstruktion infolge der Nutzlast, sodass diese den Bogen nicht mehr berührt: Die «Krücken» sind also längst hinfällig.

Heute ist unser Senior 109 Jahre alt und dient nur noch Fussgängern: Autos fahren über eine 50 m aufwärts gebaute Brücke. Setzungen sind unwahrscheinlich – der Boden ist verdichtet. Bald erfolgt eine Instandsetzung, die Stahlkonstruktion wird entfernt: eine würdige Pension.

Tags

Verwandte Beiträge