Den Holz­wür­mern zum Frass

Kolumne

Publikationsdatum
28-10-2015
Revision
16-11-2015

Dreissig Jahre lang war der Holidi eine der Sehenswürdigkeiten von Winterthur. Einst hat ihn Bildhauer Werner Ignaz Jans als Handpuppe entworfen, um das Material Holz zu bewerben. Der Name ist Programm: Holidi leitet sich ab von «homo lignum diligens» – der Mensch, der das Holz liebt. Als elf Meter grosse Skulptur strandete er nach einer Promotour in der Altstadt von Winterthur. 1986 fand er dort eine Heimat in der Grabenallee. In den drei Jahrzehnten turnten Genera­tionen von Kindern am Holzmann herum, und an den «Afropfingsten» verwandelte sich der Holidi zu einem Totem aus fernen Landen. 

Die Zeit nagte an ihm. Selbst eine umfassende Renovation im Jahre 2009 konnte nicht verhindern, dass die Risse im verwitterten Eichenholz immer tiefer wurden. Eltern bangten, dass ihre Kinder unter dem einstürzenden Holzmann begraben werden könnten, mehrmals wurde der Holidi Opfer von Übergriffen trunkener Nachtschwärmer. Trotz einer Initiative engagierter Bürger musste er im September umziehen. Nun sieht er im Friedhof Rosenberg seinem Ende entgegen. Die Initianten vermissen ihn – doch selbst sein Schöpfer lässt sich von ihnen zitieren: «Jeder muss einmal gehen.» Asche zu Asche, Staub zu Staub und Holzmann zu Holzmehl.

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