Wenn Viel­falt Wur­zeln schlägt

Binding Preis für Biodiversität 2025

Der Binding Preis für Biodiversität 2025 geht an die Naturwerkstatt Eriwis im Kanton Aargau. Dort entstand ein ökologisch wertvoller Lebensraum in einer ehemaligen Tongrube. Der Anerkennungspreis 2025 geht an den Zürcher Quartiergarten Hard.

Date de publication
24-07-2025

Ein leiser Wind streicht durch das Schilf, Libellen tanzen über spiegelnde Wasserflächen und aus dem Erlenbruch klingt das Quaken von Fröschen – wer die Naturwerkstatt Eriwis betritt, taucht ein in eine stille, vielstimmige Welt. Auf dem Gelände einer ehemaligen Tongrube in Schinznach-Dorf im Kanton Aargau ist in jahrzehntelanger Arbeit ein Mosaik ökologisch wertvoller Lebensräume entstanden. 

Für dieses aussergewöhnliche Engagement erhält die Naturwerkstatt Eriwis den Binding Preis für Biodiversität 2025. Die Auszeichnung ist mit 100'000 Franken dotiert und zählt zu den bedeutendsten Preisen für Biodiversitätsförderung.

Tongrube wird Lebensraum

Die Naturwerkstatt Eriwis befindet sich in einer 13.5 ha grossen ehemaligen Tonabbaugrube. Sie bildet heute einen erlebnisreichen Freiraum für kreatives, prozesshaftes Lernen, für sinnorientiertes Wahrnehmen und Gestalten in einer dynamischen Landschaft mit hohen Naturwerten.

Im Sinne einer Bildung für nachhaltige Entwicklung und ganzheitlicher Gesundheitsförderung entwickelt der Verein Naturwerkstatt Eriwis mit seinen Partnern vielfältige Angebote für Kinder und Jugendliche, Schulen und Firmen. 

Diese Aktivitäten fördern nicht nur gezielt die Vielfalt des Geländes, sondern vermitteln auch ein tieferes Verständnis für ökologische Zusammenhänge. Sie laden Bevölkerung und Fachleute ein, sich aktiv mit der Landschaft auseinanderzusetzen und ein Bewusstsein für die Bedeutung von Biodiversität und Nachhaltigkeit zu entwickeln.

Viele Hände am Werk

Initiiert hat das Projekt das Landschaftsarchitektur-Team Victor Condrau und Elisabeth Dürig, das gemeinsam mit weiteren Mitwirk­enden die Vision einer lebendigen, naturnahen Bildungslandschaft in die Tat umsetzte. Unterstützt wird die Naturwerkstatt Eriwis von BirdLife Aargau, dem Jurapark Aargau sowie dem Kanton Aargau, die das Projekt fachlich und strukturell begleiten. 

Einen wichtigen Beitrag leisten zudem Zivildienstleistende, die bei der Pflege der Lebensräume, der Neophytenbekämpfung sowie bei Bau- und Unterhaltsarbeiten tatkräftig mithelfen.

Auf schmalen Pfaden durchquert man das Gelände, vorbei an Teichen, durch lichte Jungwälder und über blühende Wiesen. Die Eingriffe in die Natur sind gezielt und zurückhaltend – und gerade deshalb so wirkungsvoll. Die Wiederbegrünung der steilen Hänge, die Förderung einheimischer Gehölze wie Weissdorn, Wildrosen oder Mirabellenbäume zeigen, wie aus einem industriell geprägten Ort ein ökologisches Kleinod werden kann.

Rückzugs- und Lernort

Besonders eindrücklich ist der Pionierwald aus Schwarz- und Grau­erlen, der seltenen Vogelarten wie dem Zaunkönig Lebensraum bietet. Die Naturwerkstatt versteht sich nicht nur als Rückzugsort für Flora und Fauna, sondern auch als Lernort für Menschen. 

Schulklassen, Studierende, Fachpersonen und Freiwillige kommen regelmässig, um ökologische Zusammenhänge zu erleben. Workshops, Führungen und Mitmachaktionen machen Biodiversität greifbar – nicht als abstraktes Konzept, sondern als lebendige Realität.

Kein «wertloses Reststück» 

Elisabeth Dürig betont: «Wir wollten zeigen, dass auch ein Ort mit industrieller Vergangenheit wieder zu einem lebendigen Teil der Natur werden kann – wenn man Geduld hat, genau hinschaut und der Natur Raum lässt.»

Auch die Jury zeigt sich beeindruckt: «Die Naturwerkstatt Eri­wis ist ein Paradebeispiel dafür, wie aus einem scheinbar wertlosen Reststück Landschaft ein ökologisch und gesellschaftlich wertvoller Raum entstehen kann – mit Weitblick, Engagement und einem tiefen Verständnis für natürliche Prozesse.»

Binding Anerkennungspreis

Neben dem Hauptpreis wurde auch der Binding Anerkennungspreis in Höhe von 25 000 Franken vergeben. Dieser ging an den Quartiergarten Hard in Zürich. Das urbane Gartenprojekt im ehemaligen Industriequartier zeigt eindrücklich, wie Biodiversität auch mitten in der Stadt gefördert werden kann. 

In gemeinschaftlicher Arbeit ist ein Ort entstanden, an dem Nachbarschaft, Natur und Nachhaltigkeit zusammenfinden – ein starkes Zeichen für die Bedeutung von Biodiversität auf allen Ebenen.

Lokale Verankerung

Mit der diesjährigen Preisvergabe setzt die Binding-Stiftung erneut ein Zeichen für das Engagement von unten – für Projekte, die mit Herzblut, Fachwissen und Ausdauer zeigen, wie wertvoll und wandelbar unsere Landschaften sind. Die Naturwerkstatt Eriwis steht exemplarisch für eine neue Form des Naturschutzes: lokal verankert, ökologisch fundiert und offen für alle, die hinschauen und mitgestalten wollen.

Weitere Informationen über die Natur­werkstatt Eriwis und den Quartiergarten Hard

Sur ce sujet