A Pas­sion for De­sign

Podiumsgespräch bei wohnbedarf Zürich

Zu einer Mischung aus Apéro und Fachsimpelei wurden drei Experten auf das abendliche Podium gebeten, um den Designbegriff aus Sicht der Kunst, des Marketings und der Kulturgeschichte zu analysieren. 

Date de publication
20-03-2018
Revision
23-03-2018

Die Räume von «wohnbedarf» in Zürich bilden einen passenden Rahmen für das Thema des Abends: Ihre Innenarchitektur wurde 1933 von Robert Winkler und Marcel Breuer geschaffen, danach mehrfach umgestaltet. Genau wie die ausgestellten Objekte folgt das Ladengeschäft den Maximen der Funktionalität, Ästhetik und Langlebigkeit – ab und zu aufgemischt von einem Experiment –, sodass Diskussionen über die Bedeutung und Abgrenzung von Design in dieser Umgebung in einem besonderen Licht erscheinen.

Eckart Maise, Chief Design Officer bei Vitra, eröffnete den Diskurs mit seiner Definition: Design sei der Wunsch, etwas besser zu machen. Die Innenarchitektin und Designerin Samantha Ritschl-Lassoudry stellte den Prozess der Umsetzung von einer Idee über die Zeichnung bis zum Objekt jeglicher Dimension als das zentrale Wesen des Designs dar. Während aus ihrer Sicht Designer die maximale Reduktion anstreben, entfalten künstlerisch ausgebildete Gestalter formal und farblich eine emotionalere und lustvollere Herangehensweise und beleben damit den Markt.

Erst Christian Brändle, Direktor des Museums für Gestaltung in Zürich, formulierte ein abstraktes Bild, indem er Design als gleichberechtigten Teil eines gemeinschaftlichen Prozesses betrachtete. Mit diesem Gedanken folgt er dem klugen Ansatz der letzten Design-Biennale in Istanbul: Hier bezog sich die Definition von Design auf spartenübergreifende Vorgänge, die nicht unbedingt auf die Schaffung eines Gegenstands zielen. Ihr Designbegriff gilt für die Entwicklung eines virtuellen Spiels genau wie für die eines Rettungseinsatzes in Krisengebieten. Der Ansatz des «Design-Thinking» bestimmt gegenwärtig bei den grossen Zugtieren der Wirtschaft wie SAP oder Microsoft die Forschungsmethode.

Nach diesem Exkurs stand an dem Abend dennoch die klassische Produktgestaltung im Vordergrund. Auf der Suche nach einer gültigen Formulierung wurden zwei kontroverse Ansätze benannt: Auf einem davon beruhen Designobjekte, die durch ihre selbstverständliche, nützliche und unaufgeregte Form Einzug in unseren Alltag gefunden haben. Deren Produktgestalter verschwinden hinter ihren Erfindungen. In diesen Fällen ist das Design kein zusätzliches Prädikat, sondern unsichtbarer Bestandteil eines Gegenstands.

Demgegenüber stehen die Produkte, die mit der Person und Haltung der Formgeber verbunden und zum Botschafter eines bestimmten Lifestyles erhoben werden. Manches so entstandene Ding entpuppt sich als «Folly», als Kind seiner Zeit und hat auch damit eine, wenn auch weniger langlebige, Daseinsberechtigung. Was sich vom Gedankenexperiment zum Klassiker entwickelt, lässt sich erst im Nachhinein erkennen.

Die Zukunft des Design sieht Eckart Maise in neuen Herstellungsmethoden und Materialien. Was zu Breuers Zeiten die Einführung von Stahrohrgestellen in den Möbelbau war, sind heute die Möglichkeiten, die sich durch digital berechenbare Materialbelastungen eröffnen und zu neuen Produktfamilien, im Folgenden zu innovativen Produktions- oder Vertriebswegen führen. Ausserdem bahnen die Bestrebungen zur Verwendung von nachhaltigen und ökologisch korrekten Materialien neue Wege.

Geradezu bedrohlich für die Branche ist hingegen die Tendenz zur Abschaffung der Statussymbole und Hinwendung zur Besitzlosigkeit, zur «sharing economy». Designmöbel sind zumeist immer noch teuer und stehen dem reduzierten, mobilen Lebensmodell entgegen. Der Griff zum massenproduzierten, oft auch gut gestalteten Möbelstück, das beim Umzug weggeschmissen wird, ist die natürliche Folge. Gleichzeitig wächst in einer zunehmend virtuellen, ortsungebundenen und schnellen Gesellschaft aber auch das Bedürfnis nach ausgewählten Begleitern, die die Sehnsucht nach Bewährtem stillen. Und die die Geschichten und Spuren der Zeit tragen dürfen. Manch einem genügt dafür eine Duftkerze, wie George Clooney als Vielflieger Ryan Bingham in «Up in the Air» es so lässig und doch tieftraurig darstellt. Aber die meisten Menschen hängen ihr Herz früher oder später an ein Möbelstück. Als solche Anker werden Designobjekte weiter von Bedeutung sein.

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