«Da Al­brecht Dü­rer a An­dy War­hol» im LAC in Lu­ga­no

Die neueste Ausstellung im LAC mit rund 300 Werke aus der Graphischen Sammlung der ETH Zürich sollte man sich keineswegs entgehen lassen. Aus den 160'000 Werken auf Papier, die im Besitz der ETH sind, – Druckgrafiken, Zeichnungen und Fotografien – hat die Direktorin der Sammlung, Linda Schädler, einen repräsentativen Querschnitt zusammengestellt.

Publikationsdatum
07-11-2023

Die Ausstellung «Da Albrecht Dürer a Andy Warhol» zeigt auch Arbeiten auf Papier von Architekten. Unter den ausgewählten Arbeiten tauchen Namen auf, die jeden architektonisch Interessierten aufhorchen lassen: Canaletto, Piranesi, Filippo Iuvara, Le Corbusier, Mario Botta und Peter Zumthor. Die Werke der drei Erstgenannten stammen aus dem 18. Jahrhundert. In ihren Arbeiten sind die Darstellungen von Gebäuden ein zentrales Thema.

Giovanni Antonio Canal, besser bekannt als Canaletto, führt mit seinen unverkennbaren Veduten an die Ränder Venedigs. Sieht man Landschaft oder eine zu hundert Prozent vom Menschen gestaltete Architekturszenerie?

Giovanni Battista Piranesi war nicht nur Kupferstecher, sondern auch Archäologe und Architekt, kurzum ein Universalgenie. Seine Hauptinspirationsquellen waren Bauten der Antike, der Renaissance und der Barockzeit. Hier sehen wir Innenansichten von gewaltigen und furchterregenden Gebäuden, die als Gefängnis fungierten. Piranesi experimentiert hier mit den Möglichkeiten der Perspektive und Raumillusion.

Mit Le Corbusiers Skizzen aus dem Jahr 1929 taucht man in ganz andere Welten ein. Er entwickelt seine urbanistischen Ideen für Buenos Aires: Auf dem einen Blatt liest man in Grossbuchstaben «la ville sans espoir» und in Kleinbuchstaben darunter «nostalgique»! Diese Bemerkung ist für jemanden wie Le Corbusier überraschend, denn er sah in der Stadt, die nach klaren raumplanerischen Kriterien konzipiert ist, den idealen Lebensraum für das organisierte Leben des Menschen. Buenos Aires, eine relativ junge Stadt ohne mittelalterliches Zentrum mit engen und verwinkelten Gassen, hat Le Corbusier dennoch herausgefordert. Seine urbanistischen Ideen wurden dort jedoch nicht umgesetzt.

Von Mario Botta sind Radierungen der Kirche San Giovanni Battista in Mogno zu sehen, jener Kirche, die anstelle des Vorgängerbaus aus dem 17. Jahrhundert gebaut wurde, weil eine Lawine sie 1986 zerstört hat. Botta wurde mit dem Neubau beauftragt, wofür er auch eine Serie von Aquaforte-Radierungen anfertigte. Der neue Bau entstand am gleichen Ort, wo die frühere Kirche stand und übernimmt somit auch ihre bescheidene Grösse.

Die Aquatinta/Aquaforte-Radierungen (Mischtechnik) von Peter Zumthor, Probeabzüge, bringen uns nach Köln, wo er am Standort der Kirche St. Kolumba – im Zweiten Weltkrieg zerstört – das Erzbischöfliche Diözesanmuseum Kolumba als neuen städtebaulichen Akzent realisiert hat. Im Jahr 2007 wurde es der Öffentlichkeit übergeben. Es ist interessant festzuhalten, dass Zumthor zwei traditionelle Drucktechniken auswählte, um sein Projekt vorzustellen. Der Zürcher Drucker Peter Kneubühler hat diese Abzüge angefertigt.

Warum nach Lugano reisen?

Wer nördlich des Gotthards zu Hause ist, fragt sich zu Recht, warum man nach Lugano reisen sollte, wenn dort Werke gezeigt werden, die normalerweise in Zürich zu sehen sind. Zu sehen? Die Graphische Sammlung der ETH besitzt in Zürich nur einen kleinen Raum für Wechselausstellungen, während das LAC in Lugano 600 m2 anbieten kann.

Abgesehen von den erwähnten Architekten sind folgende Künstler*innen zu nennen: Albrecht Dürer, Rembrandt, Goya, Egon Schiele, Alberto Giacometti, Edvard Munch, Käthe Kollwitz, Picasso, Andy Warhol, Louise Bourgeois, Franz Gertsch, Peter Fischli / David Weiss, Miriam Cahn, Shirana Shahbazi und viele andere. Auch die Fotografien von Candida Höfer sind dabei. Im LAC wird die Serie «Räume einer Hochschule. ETH Zürich 2005» gleich zu Beginn gezeigt und da ist auch ein Archivraum mit den Aufbewahrungsschränken für die Papierarbeiten zu entdecken. Normalerweise sind die 300 Meisterwerke, die nun im LAC zu bewundern sind, dort drinnen versteckt.

Die ausgewogene Auswahl der Direktorin der Graphischen Sammlung der ETH ist eine Einladung, sonst verborgene Schätze zu entdecken.

Die Ausstellung «Da Albrecht Dürer a Andy Warhol. Capolavori dalla Graphische Sammlung ETH Zürich» läuft noch bis 7. Januar 2024 im Museo d’arte della Svizzera Italiana, Lugano, LAC. www.masilugano.ch