Den­ken in Sys­te­men

Die Erweiterbarkeit modularer Systeme in allen Massstäben – vom Möbelsystem bis zumglobalen Stadtmodell –hat Fritz Haller seine gesamte Schaffenszeit hindurch fasziniert.

Date de publication
17-07-2014
Revision
18-10-2015

«Vielleicht sollten wir die unförmigen Verkleidungen von unseren Maschinen entfernen (...) und versuchen, mit den Dingen, die dahinter sind, zu leben», sagte Fritz Haller 1964. Gleich einer Umsetzung dieser Anregung liest sich das 1:10-Modell des Bausystems «Midi-Armilla» – es bildet den Auftakt zur monografischen Ausstellung im S AM in Basel.

Das Stahlbausystem mit integriertem Installationssystem verwendete Haller erstmals in den 1980 bis 1983 realisierten Wohntürmen auf dem SBB-Ausbildungszentrum Löwenberg. Die Leitungen sind so geführt, dass räumliche Nutzungsänderungen und Umbauten problemlos durchgeführt werden können. Grundlagen dafür diese Entwicklung entstanden bereits mit der Planung der HTL Brugg-Windisch (1964–1966).

Bereits in Hallers Frühwerk gab es erste Anzeichen für sein starkes Interesse an der systematischen Bauweise, wie an den Schulhäusern Buchs und Wasgenring Basel erkennbar ist. Massgeblich inspirierte Fritz Haller die Arbeit des deutschen Architekten Konrad Wachsmann – er begegnete ihm 1958 in dessen Ausstellung «Bauen in unserer Zeit» im Museum für Gestaltung Zürich und nahm daraufhin an seinem Seminar an der EPFL teil.

Die erste grosse Chance, seine Konzepte des erweiterbaren Stahlbausystems umzusetzen, ergab sich mit dem Auftrag der Firma USM (Ulrich Schärer Münsingen). Die Verwendung präfabrizierter, modularer und standardisierter Teile ermöglichte es, die Produktionshallen siebenmal zu erweitern. Das Baukasten- und Installationssystem Mini, Midi und Maxi verwendete nicht nur Haller an seinen eigenen Bauten, sondern die Firma USM verkaufte sie auch an andere Architekten. Das Möbelsystem «USM Haller» gilt noch heute als Ikone des Schweizer Designs schlechthin.

Visionär und Einzelkämpfer

Erst 1988 initiierte Haller eine eigene Ausstellung im Kunstmuseum Solothurn. Die chronologische Werkübersicht mit dem Titel «Bauen und Forschen» ging auf die Person Fritz Haller jedoch nicht ein. Dies bewog die Kuratoren Hubertus Adam und Georg Vrachliotis, für die Ausstellung im S AM die assoziative Auseinandersetzung mit seinem Werk zu suchen.

Während die Pläne und Fotos an den Wänden einen Überblick über die wichtigsten Projekte geben, führt das auf langen Tischen unter Glas präsentierte Material sehr anschaulich auf das Werk, die Person Hallers und seine Visionen hin. So vermitteln der reduzierte Briefwechsel mit Konrad Wachsmann oder seine zahlreichen Seminarbroschüren dem Ausstellungsbesucher einen Eindruck von Hallers Herangehensweise und Persönlichkeit. Das gesamte Material stammt aus dem Haller-Nachlass, der im Archiv des gta der ETH Zürich aufbewahrt und hier erstmals gezeigt wird.

Mit seiner Forschung war Fritz Haller seiner Zeit einen Schritt voraus, wie mit der Entwicklung von digitalen Planungswerkzeugen an der Universität Karlsruhe. In der Schweiz hingegen erhielt Haller – für die heutige Zeit kaum vorstellbar – wenig Anerkennung für seine weitsichtigen, visionären Projekte.

Anmerkungen

  1. Der Name Armilla geht aus Italo Calvinos Buch «Le città invisibili» (1972) hervor.

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