Aus­ge­trun­ken

Date de publication
04-05-2021

Ist Unvorhergesehenes auch etwas, das man vorher sah und nun nicht mehr? Soist das auf jeden Fall mit dem Tee­café Schwarzenbach im Zürcher Oberdörfli. Vorher sah man da die Stammkundschaft, vom literarisch ambitionierten Studenten bis zur feuilletonistisch resignierten Pensionistin, stundenlang bei einer Tasse Kaffee und drei Tageszeitungen sitzen. Schulter an Schulter und Marmortisch an Marmortisch, auf winzigstem Raum und zartroten Plüschbänkchen. Das ist nun nicht mehr. Hat so viel Gemütlichkeit an so wertvoller Lage nicht rentiert?

Unvorhersehbar war, als Stefan Zwicky das Café 1998 gestaltete, dass derlei urbane Nähe gut zwanzig Jahre später weder kommerziell noch viral haltbar sein würde: ein Entwurf aus charmanten Sackgassen, in die man sich hineinbugsierte, ohne je wieder herausfinden zu ­wollen. Nun ist das verschachtelte Arrangement, diese Zürcher Version der Wiener Loos-Bar, weggefegt. Ersetzt durch einen Schokoladenladen. Trotz seines Sortiments ist der nicht annähernd so geschmackvoll.

Hätte man nicht gleich ein Walk-Thru-­Café einrichten können? Für schnellen Umsatz und als Trost für all jene, die sich vor dem benach­barten Kolonialwarenladen desselben Eigentümers auf der Gasse die Füsse in den Bauch stehen?